Klassisches Spielprinzip paart sich mit verzwickter Geschichte! – Mit The Lost Child schafft es Sawaki Takeyasu’s neues Werk auf die Nintendo Switch. Ob sich der Dungeon Crawler lohnt, verrate ich euch im Test…

El Shaddai lässt grüßen!

Die derzeitige Handheld Sektion ist geprägt von Plattformern, Rollenspielen und Strategiespielen. Doch auch die klassischen Dungeon Crawler sind zumeist auf 3DS, PS Vita und inzwischen auch Switch anzutreffen. Mit The Lost Child erreicht uns durch NIS America nun ein weiterer Vertreter dieser ungewöhnlichen Genre Gattung. Als Turn-Based Rollenspiel getarnt, richtet sich das Spiel hier bewusst an Spielefans der Vergangenheit. Nicht verwunderlich also, dass The Lost Child die Spielmechaniken der 90’s schnappt und sie mit modernen Grafiken vermischt.

Das Grundkonzept des vorliegenden Videospiels nutzt im Kern die Mechaniken, die auch die Etrian Odyssey und Demon Gaze Reihen beanspruchen. Nur mit dem kleinen Kniff, dass sich Entwickler … noch stark den Gameplay Baukasten des Shin Megami Tensei Franchise angesehen hat und diesen für The Lost Child mit verwendet. Trotz der überdeutlichen Einflüsse möchte das Spiel mit zahlreichen Dungeons und verzwickten Kämpfen ein spannendes Abenteuer erlauben.

Vielleicht mag sich noch wer an das Action-Adventure El Shaddai des Entwicklers UTV Ignition Games erinnern, die im Jahre 2011 ein Spiel mit einer heiklen Religions Thematik auf den Markt geworfen haben. Sicherlich gilt das wunderschöne Abenteuer heute als Geheimtipp, doch damals wollte sich nicht so recht ein Käufer finden. Scheinbar möchte es Lead-Director und Designer Sawaki Takeyasu noch einmal wissen und seine fabelhafte Welt, rund um den Krieg zwischen Dämonen und Engeln in neuer Form an den Markt bringen. The Lost Child könnte daher auch als spiritueller Nachfolger und Spin-off angesehen werden, das sich dem bereits etabliertem Universum annimmt und eine neue ominöse Handlung strickt.

Zeit für’s heiliges Gefecht!

Das Rollenspiel startet so nebulös, wie man es von Titel erwarten dürfte, das sich die Shin Megami Tensei Reihe als Vorbild nimmt. In der Haut von Reporter Hayato Ibuki, der sich journalistisch dem Okkultismus verschrieben hat, geht ihr der Spur mysteriöser Selbstmorde nach. Ehe sich der Schreiberling des Okkulten Magazins versieht, steht er auch schon im erbitterten Kampf zwischen Engeln und Dämonen. Letztere sind gefallene Engel, die sich Astrals nennen und zugleich integraler Bestandteil der Spielmechaniken sind.

Die übernatürliche Phänomene, die sich durch die mysteriöse Geschichte ziehen sind ganz passabel geschrieben, aber eben auch nicht besonders hervorstechend. Wie schon im großen Vorbild Shin Megami Tensei / Persona klickt ihr euch durch zahlreich vertonte Dialoge, die schon fast Visual Novel Charakter haben und dementsprechend auch simpel animiert werden. Das ganze ist also nicht sehr spektakulär aufgezogen, funktioniert aber für das Genre. Als Auserwählter streift ihr schließlich durch die mysteriösen Dungeons, um als Hayato den übernatürlichen Wesen das Handwerk zu legen. Hierzu erhaltet ihr ein altertümliches Gerät – das Astral Burst – eine göttliche Waffe mit der ihr die bösartigen Wesen umkodieren könnt und sie zu euren Verbündeten macht.

Diese Mechanik ist bestens aus den Shin Megami Tensei Videospielen bekannt und streut ein leichtes Pokemon- Sammelprinzip in das Gameplay. Wer sich im letzten Jahr den harten Gefechten von Persona 5 gewidment hat, der wird sich leicht in die Spielmechanik einfinden und viele Parallelen zu den zahlreichen Atlus RPG’s entdecken. Innovation sucht man also vergebens, doch kopiert The Lost Child die vielen Elemente ziemlich gut. In gewohnter Dungeon Crawler Manier schickt euch das Spiel schließlich durch die düsteren Areale, wobei ihr euren Protagonist aus der First-Person Perspektive verfolgt. Mit Voranschreiten schaltet ihr weitere Bereiche der Map frei und müsst zeitgleich kleine Rätsel lösen und Schalter umlegen, um die geheimen Ecken zu erkunden. Hier findet ihr des öfteren auch Truhen, die mit eurem Karma öffnen könnt. Dazu aber später mehr.

Wenn Pokemon auf SMT trifft!

Das Kampfsystem gibt sich gewohnt klassisch und spielt sich als rundenbasiertes Rollenspiel mit Pokemon- Like Elementen, wie dem Einsatz verschiedener Kreaturen, die es aufzuleveln gilt. Eure Dämonen Freunde weisen hierbei natürlich wieder unterschiedliche Schwächen und Stärken auf, die sich auch auf die Feinde ausbreiten. Es gilt also die Schwachstelle des gegnerischen Wesen auszumachen und die Kämpfe so für sich zu entscheiden.

Die eingefangenen Astrals könnt ihr frei eurem Team zuordnen und die Party euren Vorstellungen anpassen. Wie schon in Pokemon oder Shin Megami Tensei Reihe könnt ihr die Wesen verstärken und ihnen neue Fähigkeiten erlernenen lassen. Hierzu benötigen wir das vorhin angesprochene Karma, welches durch erfolgreiche Kämpfe oder durch eure Dialog- Antworten ermittelt wird . Die siegreichen Duelle regulieren hierbei das Aufsammeln verschiedener Seelenteile, die man quasi in Gut, Böse und Neutral einteilen kann. Unterschiedliche Seelen eines Dämonen wirken sich demnach auch im Kampf auf die facettenreichen Feinde und deren Gesinnung aus. Ein durchaus komplexes System, das sich die Entwickler hier ausgedacht haben, welches aber nicht genügend Erklärung erhält.

Das Einarbeiten in das Karma-System fiel zumindest mir anfangs nicht gerade leicht, was wohlmöglich am eher ungünstigen Tutorial liegt. Zu Beginn war ich deshalb auch leicht verwirrt auf Grund der Verteilung dieser Seelen- Gesinnung, die schließlich auch auf das Öffnen einer Truhe Auswirkung haben kann. Allerdings wusste ich nie so wirklich weshalb nun ein bestimmtes Karma für die Truhen- Öffnung eingesetzt wurde. Als alternatives Level-Up System mag das Karma Prinzip eine nette Idee sein, doch optimal ist es nicht unbedingt. Zumal man an der Persona Serie sieht wie man ein Level-System leichter und besser umsetzen kann. Im Vergleich zur Konkurrenz aber immerhin mal ein frischer Ansatz im angestaubten Genre.

Jäger des verlorenen Dungeons!

Mit dem beliebten SMT- Turn-Based Kampfsystem wandert ihr schließlich durch die Dämonen- übersäten Korridore und versucht mit Engel Lua das moderne Japan vor den übernatürlichen Mächten zu retten. Durch die düsteren Dungeons, die auch recht verwinkelte Labyrinthe bilden, navigiert ihr euch hierbei mit Hilfe einer Übersichtskarte. Dabei gilt es in Random- Encounter Battles die gegnerischen Feinde auszuschalten. Eure einzige Aktivität in den Dungeons besteht hierbei allerdings darin in vier Richtungen abzubiegen und leichte Schalter-Rätsel zu lösen.

Leider verbaut sich das Spiel hier die Chance eine interessante Welt anhand der Levelgestaltung zu schaffen. Im Direktvergleich mit Persona 5, wo nahezu jeder Dungeon eine eigene Identität besitzt und zahlreiche Details frische Informationen über die Geschichte liefern, sind es in The Lost Child nur leere Korridore, die sich zudem auch oft optisch gleichen. So fällt die Orientierung nicht gerade leicht. Ein kleiner Makel hier ist nämlich die Map, die zwar ordentlich ausgearbeitet wurde und jederzeit eingeblendet werden kann, aber eben nicht immer geschickt gestaltet ist. Einige Türen lassen sich, wie angemerkt, nur durch ein Schalter- Rätsel lösen.

Diese sind anfangs versiegelt und werden auf der Map mit einem roten “Schloss” markiert. Jedoch nur solange, bis der richtige Schalter im Labyrinth gefunden wurde. Sobald der Hebel umgelegt wurde, wird eine der versiegelten Türen geöffnet. Eine kleine Kamerafahrt gibt zwar Auskunft, um welche Tür es sich handelt, doch gleich sich die Korridore dermaßen, dass man diese Tür kaum wieder erkennen wird. Doch das wäre kein Problem würde diese Tür anschließend auf der Map markiert werden. Dem ist allerdings nicht der Fall. Die rote Markierung verschwindet einfach. Es liegt also bewusst an euch die Position der Türen zu merken, bevor einer der Schalter umgelegt wird. Das ist beileibe kein riesiger Makel, doch zeugt es nicht von Bedienkomfort.

Der Kampf: Design vs Technik!

Technisch dürfte The Lost Child gerade noch im Mittelmaß der Dungeon Crawler eingeordnet werden. Die grafische Pracht lässt hier nämlich leicht zu wünschen übrig. The Lost Child liefert ziemlich triste Korridore, die kaum Wiedererkennungswert haben und eher zweckmäßig dem Gameplay untergeordnet werden. Die Dungeons sind sehr fantasielos gestaltet und weisen kaum Details auf. Die kurzen Videoszenen sind zwar schick animiert, doch tauchen auch eher selten im Spiel auf.

Zumeist müsst ihr euch mit handgezeichneten Standbildern begnügen, die nur wenige Animationen besitzen. Dafür sind diese Zeichnungen aber immerhin sehr schön gestaltet und wissen beim Charakter- und vor allem Kreaturen- Design zu überzeugen. Die Astral sind wirklich fantasievoll gezeichnet und haben einen schönen dreckig-düsteren Look, der perfekt zur ominösen Geschichte passt. In den Kämpfen selbst sind zwar knallige Effekte eingebaut, doch die Animationen halten sich stark in Grenzen. Beim Sound gibt es zudem wenig nennenswertes.

Die Hintergrundmusik hat einen leicht mysteriösen Touch, aber ist auch sehr generisch und einfallslos. Kein Vergleich zu Persona und Co., bei denen vorrangig die Musik in den Bann zieht. Dafür sind aber immerhin die vielen Szenen vertont wurden, die von NIS America sogar mit einer komplett englischen Tonspur geliefert werden. Bei der Qualität gibt es hier nichts zu beanstanden, die Sprecher machen ihren Job gut.


Vielen herzliche Dank an NIS America für die freundliche Bereitstellung des Download Codes von The Lost Child für die Nintendo Switch:)


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