Die erste Staffel Tell Me A Story war für mich tatsächlich eine Überraschung. Trotz geringer Berichterstattung, hat mich die wendungsreiche Geschichte schnell in ihren Bann gezogen. Umso gespannter war ich auf die Fortsetzung, die leider inzwischen auch als Serienfinale angesehen werden kann. Denn CBS hat scheinbar die Reißleine gezogen und schickt den Crime-Thriller mit der zweiten Staffel bedauernswerter weise ein letztes Mal ins Märchenwunderland.

Die Serie von Kevin Williamson, dem Schöpfer von Vampire Diaries zeichnete sich dabei schon zu Beginn durch eine interessante Erzählstruktur aus. Auf Basis verschiedener Märchen versuchte man sich an einer düsteren Neuinterpretation, die diese Geschichtensammlung ins aktuelle Zeitgeschehen verfrachtete. In der ersten Staffel verwurstete man so »Drei Kleinen Schweinchen», »Rotkäppchen« und »Hänsel und Gretel«, um daraus eine kurzweilige Rachestory zu stricken. Die Umsetzung erwies sich damit auch als ziemlich interessant und wusste durch ihre wirren Zusammenhänge zu unterhalten.

In Staffel 02 führt man diesen Weg nun konsequent fort und setzt wieder auf ein interessantes Storykonzept. Als Grundgerüsten dienen dieses Mal »Die Schöne und das Biest«, »Aschenputtel» und »Dornröschen«. Also grundsätzlich eine Märchenansammlung, die sich auf die weibliche Prinzessinnen Fraktion konzentriert. Wie es bei Tell Me A Story zu erwarten war, ergeben sich daraus aber ziemlich düstere Story- Adaptionen. Das fängt schon bei der Inszenierung der unterschiedlichen Figuren an, die mit vielschichtigen Charakterprofilen überzeugen. Damit produziert man dann einen Psycho-Thriller über Liebe, Rache und Angstzustände. Das intelligente an Tell Me A Story sind die verschiedene Erzählstränge, die irgendwann über Umwege zusammenlaufen und einen gemeinsamen Nenner haben: -> Die Musiker Familie Pruitt aus Nashville! Was für Geschichten sich daraus ergeben und welche Märchen-Umsetzung sich hier verstecken, will ich euch mal kurz zusammenfassen.


Die Schöne und das Biest:
»The Beauty and the Beast«, wie der englische Titel lautet, erzählt die Geschichte der Country- Sängerin Ashley Rose Pruitt (Natalie Alyn Lind), die durch einen Brandanschlag eines irren Fans schwer verletzt wird. Die Verbrennungen haben nicht nur äußerlich Narben hinterlassen, sondern das arme Mädchen auch komplett verängstigt.

Zum eigenen Schutz wird ihr ein Team von Sicherheitskräften zur Verfügung gestellt, zu denen auch der Ex-Cop Beau (Eka Darville) gehört. Mit dem Angreifer auf freien Fuß ist es an ihm der verzweifelten und schwer entstellten Musikerin zu neuem Lebensmut zu verhelfen. Doch eine Frage bleibt bestehen: Wer ist der unbekannte Angreifer und was sind seine Beweggründe?

Aschenputtel:
Die »Cinderella«- Storyline behandelt das Leben der Simone Garland, die eigentlich ihr rechtmäßiges Erbe antreten möchte, jedoch kurz nach ihrer Ankunft erfahren muss, dass ihr Vater sie aus dem Familienunternehmen herausgeschrieben hat. Dem aber nicht genug, scheint ihre Patentante auch noch der Ansicht zu sein, dass ihr Vater Opfer eines Verbrechens wurde.

Für Simone ist schnell klar wer als einziges davon profitieren konnte. Doch wie soll sie ihre Stiefmutter und deren Söhne überführen? In Traurigkeit versunken lernt sie in einer Bar den Gitarristen Jackson kennen, den Bruder der weltbekannten Musikerin Ashley Pruitt.

Dornröschen:
In »The Sleeping Beauty« lernt man Maddie, das Dritte Kind der Pruitt- Familie kennen. Die Staranwältin hat sich erst kürzlich mit ihrem Lebensgefährten, dem Buchautoren Tucker Reid (Paul Wesley) vermählt und schwebt auf Wolke Sieben. Doch ahnt sie nicht was für Abgründe sich in dessen Seele aufgetan haben. Schon lange wird der Romanautor von Schlafstörungen und schlimmen Albträumen geplagt.

Zu allen Überfluss steht ihm auch noch der Verlag auf den Füßen, weil er die zuletzt gesetzte Deadline nicht einhalten konnte. Um seiner Schreibblockade einen Kick zu geben, entführt er die College Studentin Olivia (Danielle Campbell) und beginnt mit der Arbeit an seinem neuen Buch. Doch schon bald muss er feststellen, dass er sich offenbar mit dem falschen Mädchen angelegt hat.


Die Serie Tell Me A Story schafft es hier auf sehr kreative Weise all diese Storylines zu verbinden und auch jedem Charakter genug Raum zur Entfaltung zu geben. Das Writing ist wirklich ausgezeichnet und überzeugt mit toller Figurenarbeit. Ich bin darum auch ziemlich unentschlossen welche Storyline mir am meisten gefallen hat, da jede auf ihre Art sehr interessant erzählt wurde. Die Kombination der Aschenputtel- Geschichte mit einer Muder-Mystery, die Verbindung von Dornröschen mit einer Entführer-Story und Die Schöne und das Biest in eine Rachestory zu verwandeln, zeugt vom Ideenreichtum der Autoren.

Es wirkt sehr interessant wie das Writing- Team die klassischen Märchen in düstere Psycho-Thriller umwandelt und jede Geschichte zu einem großen Ganzen zusammenführt. Eine besonders spannende Entwicklung nimmt hier auch vorrangig The Beauty & The Beast, wo sich die Grenzen von Opfer und Täter später stark verschieben. Das Zusammenspiel von Paul Wesley und Danielle Campbell ist hier wirklich ausgezeichnet und überzeugt mit seiner intensiven Spannung.

Ebenso ist auch die “Paarung” von Eka Darville und Natalie Alyn Lind ist wirklich gelungen. Die Harmonie der zwei Schauspieler ist exzellent und sorgt für einen Hauch Romantik, die dieser, ansonsten ziemlich düsteren, Neuinterpretation sehr gut steht. Aber auch das dritte Schauspiel- Paar um Simone und Jackson weiß durch eine gewisse Dynamik der Figuren zu unterhalten. Beide spielen die verschlossen Verlierer-Typen, denen es an sozialer Kompetenz mangelt und die sich gerade deshalb so gut ergänzen.

Die gesamte Geschichte überzeugt hierbei mit vielschichtigen Figuren, die oftmals zwischen Gut und Böse hin- und her pendeln und euch als Zuschauer eine wendungsreiche Erzählung bieten. In diesem Zusammenhang sollte auch noch mal Carrie-Anne Moss (z.B. Trinity in »Matrix«) erwähnt werden, die ihrer Rolle (Rebecca Pruitt) wie so oft wieder enorm viel Persönlichkeit verleihen kann und deren Gesinnung anfangs schwierig zu durchschauen ist.

Die Schauspielerin hat einfach ein Talent dafür komplexe Figuren zu verkörpern, die schwer greifbar sind und ständig zwischen Arroganz und Gutherzigkeit schwanken. Es ist schwierig ihre Figuren zu mögen, aber auch genauso schwierig sie zu “hassen”. Es ist dieser schmale Grad der Natürlichkeit, den sie in ihre Rolle bringt, der das Schauspiel so charmant macht. Es ist natürlich nicht unter dem Teppich zu kehren, dass auch diese Neuinterpretation seine Fehler hat.

Die Wendungen ließen sich z.B. fast immer schon im Voraus erahnen und so manches Handeln der Figuren wirkte auch teils sehr zweifelhaft. Zumal die Autoren leider auch nicht auf klassische Logikfehler verzichten. Trotzdem überwiegen für mich die positiven Aspekte der Serie. Ein lobendes Wort möchte ich auch noch an die Synchronfirma … richten, die hier wirklich gute Sprecher besetzt und das Dialogbuch sehr natürlich ins Deutsche übertragen haben. Alle Synchronsprecher bringen die nötige Emotion in ihre Stimme und wissen stimmlich das Potenzial der Figuren zu entfalten.

FAZIT:
Spannendes Serienkonzept mit toller Figuren Dynamik!

Tell Me A Story: Season 02 ist in Deutschland fast gar nicht beworben wurden und im Angebot von TVNow scheinbar gänzlich untergegangen. Dabei überzeugt die CBS-Produktion durchweg mit starker Besetzung, toller Schauspiel- Performance und einem intelligent geschriebenen Drehbuch. Da sind dann auch die kleinen Fehler zu verzeihen.