Als Tales of Vesperia 2009 im Westen erschien, hinterließ es einen bleibenden Eindruck bei Rollenspiel Fans. Eine Dekade später schickt Bandai seinen Klassiker nun auf die Switch. Ob das Videospiel auch Heute noch Spaß macht, verrate ich im Test…
Die beste Tales- Geschichte!
Schon 10 Jahre ist es her, seit Tales of Vesperia auf dem westlichen Markt für die Xbox 360 veröffentlicht wurde und Fans von japanischen Rollenspielen in Freude versetzte. Zum Jubiläum spendiert Bandai Namco ihrem Klassiker einen Re-Release in einer Definitive Edition, die zusätzlich zum Original noch die Zusatzinhalte beinhaltet, die zuvor der japanischen PS3 Version vorenthalten waren. Auf der Nintendo Switch kommt zudem die Mobilität hinzu, die dem Spiel noch mehr Wiederspielwert verleiht.
Wie schon vom Franchise gewohnt, zeichnet sich Tales of Vesperia durch ein tiefgängiges, aber doch zugängliches Videospiel aus. Schon damals, als ich ursprünglich mal in die fantasievolle Welt abgetaucht bin, war ich überrascht von den wenigen JRPG- Altlasten, die das Spiel mit sich trug. Statt einer unnötig großen Open World, die mich in die Irre führte und mich mit generischen Nebenmissionen wie Jagdaufträgen überschüttete, zog mich das Spiel mehr durch seine schön inszenierte Geschichte in den Bann. Diese ist es auch, die das Spiel so zeitlos macht und es erfrischend vom restlichen Rollenspiel Markt abhebt.
Es gelingt selten eine emotional mitreißende Geschichte zu erzählen, wenn sie durch das Genre bedingt gestreckt wirkt. Anders ist es in Tales of Vesperia, wo die Erzählung mitsamt seiner Heldenriege sehr gelungen ist. Schon schnell entwickelt man Sympathien für Yuri und Estelle, die den Startpunkt der Geschichte markieren. Durch die Entwendung des Blastia und Yuri’s Verhaftung wird man rasch ins Geschehenen hineingezogen und taucht in die facettenreiche Welt ein. Natürlich braucht auch diese Geschichte ein wenig, um die spannenden Szenen zu erhalten, doch schon der Beginn ist interessanter gestaltet, als in vielen anderen Rollenspielen.
Kämpfen, Skillen und Kochen!
Im Verlauf des Videospiels lernt ihr Genre typisch zahlreiche Personen kennen, die sich eurer Mission anschließen und gemeinsam mit euch die Kämpfe bestreiten. Wer schon zuvor einen Titel aus der Tales- Serie gespielt hat, der wird sich bei Tales of Vesperia sofort heimisch fühlen und Ähnlichkeiten bemerken. Das fängt schon beim ausgeglichenen Kampfsystem an, das euch in einem klassischen Beat’em Up Areal die Gegner bekriegen lässt.
Im Normalfall laufen diese Szenen dabei auf einer 2D- Ebene ab, die aber per gedrückten Schultertasten in einen 3D- Raum ausgeweitet werden. Derweil agieren eure Mitstreiter automatisch, lassen sich aber im Vorfeld mit Taktiken versehen und innerhalb des Kampfes mit Befehlen steuern. Zusätzlich lassen sich auch – das kennt man von JRPG’s – Tränke und Stärkungsmittel zu sich nehmen. Mit ein wenig Strategie ergibt sich eine gute Tiefe. Doch auch wenn ihr keine Lust auf weitreichende Erklärungen habt und taktische Finesse legt, dürftet ihr mit dem Spiel eure Freude haben. Durch den angenehmen und variablen Schwierigkeitsgrad finden sich auch Neulinge leicht ein. Das sorgt für einen guten Flow in den Kampfsituation.
Zumal auch die Verteilung der Aktionen wie Arte- Angriffe sehr gut und verständlich auf dem Controller verteilt sind. Diese lernt ihr im Verlauf des Spiels und nutzt sie für unterschiedliche Situationen aus. Mitsamt der Fähigkeiten eurer Party- Mitglieder ergibt sich also ein durchaus taktisch geprägtes, aber kein überforderndes Videospiel. Auch abseits des Kampfgeschehens existieren wiederkehrende Merkmale, die euch vor Augen halten, dass es sich um einen Ableger der Tales- Saga handelt. Hier wird dann auch ersichtlich, was das Videospiel auch Heute noch auszeichnet und was ich an Vesperia so schätze. Das Rollenspiel fühlt sich nämlich einfach wunderbar an, was die spielerischen Qualitäten angeht.
Das beginnt mit dem butterweichen Kampfsystem, dem munteren Reisen auf der Oberwelt, der netten Inszenierung und dem schönen Flow, den das Abenteuer bietet. Das J-RPG trotzt dem schlicht langweiligen Einstieg, den viele Alternativen bieten und schickt sich an schon in den ersten Minuten ein gutes Erzähltempo aufzubauen. Das liegt auch daran, dass die Erkundung der Welt sehr viel Spaß bereitet, da hier auch die Übersicht in der Oberwelt gut geglückt ist und leicht neue Wege entdeckt werden können. Zudem sind auch Haupt- und Nebenmissionen sehr gut ineinander verflochten.
Für ein Rollenspiel aus Japan fällt Tales of Vesperia ohnehin sehr linear aus, was insbesondere daran liegt, dass man nicht mit Nebenaufgaben überschüttet wird, die einen strikt über die gesamte Karte schicken. Stattdessen sind Story relevante Szenen weitgehend im Zentrum des Spiels. Im Direktvergleich mit zahlreichen anderen Spielen sieht man hier deutlich mehr Geschichte, wodurch man nicht so leicht der Handlung entgleitet. Gefallen hat mir darüberhinaus auch der Umgang mit dem Tutorial. Anstatt ein langweilige und dröges Textaufgebot zu bieten, werden Erklärungen mit in die Dialoge eingebunden.
Die clevere Estelle hat zum Beispiel zwar einiges auf dem Kasten, doch gehört Kochen nicht zu ihren Talenten. Kurzerhand erklärt ihr Yuri mal schnell die Regeln, wodurch wir als Spieler das Crafting- Menü kennenlernen. Ganz ähnlich verhält es sich auch bei den Waffenanfertigungen und den Info- Blättchen über Monster, für die Estelle sogar ein eigenes Buch anlegt. Solche kleinen Ideen bringen reichlich Dynamik in das Abenteuer und machen die Welt lebendig.
Yuri & Co. fordern zum Kampf!
Dazu kommt auch, dass eine auffällig gute Charakter- Riege ins Spiel integriert wurde. Die Personen mit ihren Konflikten sind sehr authentisch geschrieben und sorgen teilweise auch für einige Lacher. Hier bemerkt man eben die Stärke von Vesperia, denn das Spiel lebt viel von der illustren Truppe, die uns die Macher hier vorsetzen. Das gilt speziell auch für den Main- Protagonist Yuri, der eine beachtlich gute Figur abgibt.
Während ähnliche Titel meist einen aufgeweckten Jungspund ins Abenteuer werfen, der schon mal gehörig auf die Nerven gehen kann – Ich erinnere nur zu gerne an Rex aus Xenoblade Chronicles 2 – wirkt Yuri deutlich reifer und agiert glaubhafter. Mitsamt dem restlichen Aufgebot an Charakteren ergibt sich endlich mal ein positives Bild, denn nicht immer wissen Rollenspiel- Figuren eben zu überzeugen. Zumal auch jedes Party- Mitglied mit einem sinnvollen Handlungsstrang versehen wurde, der das Abenteuer bereichert und die Personen sympathisch macht. In der Hinsicht sorgt auch die gute Vertonung für dieses positive Gefühl. Denn auch hier punktet Vesperia mit guten Sprechern, zu denen z.B. auch Troy Baker gehört, der Heutzutage eigentlich aus keinem wichtigen Videospiel wegzudenken ist.
Es gibt also enorm viel, was man als Rollenspiel- Fan an Tales of Versperia lieben wird. Aber die Jahre haben eben auch an einigen Mechaniken genagt. Und das sollte nicht unerwähnt bleiben. Über die Jahre hinweg hat sich die Tales- Reihe zwar nur marginal verändert und ihre Formel leicht abgewandelt, doch sind es meist diese Kleinigkeiten, an denen es Vesperia augenscheinlich mangelt. Zuallererst wäre da das Weglassen einer gut organisierten Mini-Map, wie man sie aus aktuellen Ablegern kennt. Auch einen traditionellen Questmarker werdet ihr nicht zwangsläufig vorfinden. Stattdessen sind eure Wege und Reiseorte in Tagebuchform verewigt und lassen sich hierdurch nachlesen.
Dadurch fühlt sich das Spiel mehr wie ein Märchen an, dessen Geschichte langsam gelüftet wird. Ich persönlich begrüße dieses Gamedesign, da man so nie aus dem Abenteuer gerissen wird. Nahezu jede Mission als Story relevanten Eintrag zu vermerken finde ich deshalb auch sehr clever. Nichtsdestotrotz wird dieser Umstand aber wohl nicht jedem Spielertypen gefallen. Gerade JRPG- Neulingen dürften hier schnell Orientierungsprobleme bekommen und auch mal ziellos umherirren. Schließlich ist man es Heutzutage gewohnt, dass jedes kleine Detail auf einer ausführlichen Übersichtskarte gekennzeichnet und so die Reise erleichtert wird. Schnelle Ortswechsel sind anfangs auch nicht so leicht möglich.
Wie schlägt sich die Definitive Edition?
Die größte Einschränkung ergibt sich aber wohl aus der Kamerakontrolle, die sehr veraltet wirkt. Die fixe Kameraführung in Orten ist in neueren Ablegern schließlich einer freibeweglichen Kamera gewichen, was spielerisch schon Vorteile bietet. Ein weiterer Makel ist auch der suboptimale Kampfmodus, der stets bei Berührung mit einem Gegner aktiviert wird.
Auch wenn die Ladevorgänge gering ausfallen, ist der Übergang nicht unbedingt ideal. Zumal es manchmal unmöglich ist an Gegnern vorbeizulaufen, wenn diese wieder den Gang versperren. In aktuellen Tales- Spielen dürft ihr dagegen schon im Feld attackieren, was der gesamten Erfahrung mehr Dynamik verleiht. Klickt ihr zudem die eingestreuten Dialog-Hinweise nicht weg, begleiten sie euch ewig lange am unteren Bildrand, bis sie schließlich einmal aktiviert wurden. Hier haben die Entwickler in späteren Titeln eine deutlich bessere Balance gefunden. Auch optisch merkt man dem Spiel sein Alter durchaus an.
Zwar sind die Umgebungen noch sehr farbenfroh und die Charakter auch nett animiert, doch die geringe Texturqualität und Auflösung dürfte modernen Gamern weniger gefallen. Zumal es teilweise auch so wirkt, als wäre nachträglich ein Blur / Weichzeichner- Filter über den Anime-Look gelegt wurden, der einige niedrig aufgelöste Texturen kaschiert. Allerdings läuft das Spiel dafür auch sehr gut auf der Nintendo Switch. Weder im TV- Modus noch im mobilen Betrieb fallen starke Framerate Probleme auf. Auch bei mehreren Gegnern auf der Map, sind die FPS nicht spürbar zu niedrig. Zumindest nicht so, dass es spielerische Auswirkungen hätte.
Wie sich die Technik im Direktvergleich mit der PS4/One schlägt, kann ich derweil nicht beurteilen, da ich diese Versionen nicht getestet habe. Nimmt man als Referenz aber das Xbox 360 Original hervor, bemerkt man, dass sich vor allem hinsichtlich der Schärfe und Schatten etwas getan hat. Dazu wurde auch eine leichte Verbesserung der Farbgebung erzeugt. Das Spiel hält also grundsätzlich keine allzu großen technischen Schritte bereit, kann aber optisch mit seinem Stil überzeugen. Der größte Pluspunkt der Technik dürfte nämlich das schöne Art- Design sein, das auch Heute noch zeitlos wirkt und gut gealtert ist.
Die Gestaltung der Welt ist den Grafiker durchweg sehr gut gelungen, was einen besonderen Look & Feel ergibt. Dadurch freut man sich auf die neuen Areale, die auch zeitweise viel Abwechslung bereithalten. Das Level-Design hält demnach auch heutigen Maßstäben stand. Schließlich sind die Areale sehr märchenhaft und kreativ gestaltet. Altersbedingt sind natürlich auch die Cutscenes eher simpel umgesetzt und meist mit Sprechblasen versehen. Stilistisch finde ich das sehr schick umgesetzt. Ein hochmodern inszeniertes Epos wie Final Fantasy XV dürft ihr allerdings in der Form nicht erwarten.
Die hochskalierte Cel-Shading Grafik lässt damit zwar kein Wunderwerk der Technik zu, hat aber euch Heute noch sehr viel Charme und musste wenig Federn lassen. Immerhin sollte man bedenken, dass man hiermit quasi ein Xbox 360/PS3 Spiel in derselben Qualität auf einem Hybrid-System abspielen kann. Diese Grafikqualitäten auf einer mobilen Konsole zu erleben, ist schon nett. Da ich auch selber die meiste Zeit im Handheld- Modus gespielt habe, kann ich euch auch sagen, dass Tales of Vesperia hier sehr leserliche Schriften nutzt. Die Texte sind also nie eine Qual, sondern jederzeit gut erkennbar, was auch für die Menüführung gilt. Darüberhinaus dürft ihr auch frei die Schriftform wählen, was ich mir tatsächlich auch für andere Videospiele wünschen würde. Insgesamt also eine durchaus gute Portierung.
Vielen herzliche Dank an Bandai Namco für die freundliche Bereitstellung des Download Codes von Tales of Vesperia: Definitive Edition für die Nintendo Switch:)
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