Nach dem weltweiten Erfolg von Steins;Gate folgt die Beta- Zeitlinie der Visual Novel “Steins;Gate:0” als Anime Umsetzung. Dabei erzählt White Fox zeitgleich eine alternative Story, sowie auch ein direktes Sequel. Wie sich das auf die Qualität auswirkt und ob Fans zuschlagen sollten, verrate ich euch im Test…
Handlung
Wir schreiben das Jahr 2010. Okabe Rintarou befindet sich inzwischen auf der β-Zeitlinie und muss mit den Entscheidungen leben, die er zuvor getroffen hat. Der Mord an seiner Freundin Kurisu lässt ihn nicht los, obwohl er die Vergangenheit mit aller Kraft zu vergessen versucht.
Die starke Veränderung seiner Persönlichkeit fällt auch seinen Freunden auf, die von seinen Zeitreisen natürlich keine Erinnerung haben. Eines Tages besucht er die wissenschaftliche Vorführung einer jungen Frau, die, wie er später erfährt, eine Kollegin von Kurisu war und weiter ihre Forschung vorantreibt. Angeblich soll es Kurisu’s Firma gelungen sein auf Basis ihrer Forschung einen Prototypen Amadeus-Projekts zu entwickeln, bei dem eine künstliche Intelligenz einer Person eingepflanzt werden.
Die digitale Übertragung der Erinnerung soll mit Hilfe einer App die Gedanken und Überlegungen der jeweiligen Person nachahmen, wodurch Okabe die Chance erhält mit seiner alten Freundin in Kontakt zu treten. Doch welche Schwierigkeiten und welches Leid mag das in seine Welt bringen? Die lineare Geschichte folgt hierbei einer bestimmten Route, die auf der Visual Novel basiert und sich strikt auch als alternative Fortsetzung des Originals sieht. Welche Richtung dabei eingeschlagen werden zeigt sich erst im Laufe der Episoden…
Bild & Animation
White Fox schafft es als Studio mit enorm schicken Charakter-Designs und interessanter Gesamtgestaltung zu gefallen. Die leicht düstere Ader der zweiten Staffel wird nämlich visuell einfach sehr gekonnt eingefangen. Dafür sorgt auch das nahezu perfekte Zusammenwirken aus Bildgestaltung, Farbenspiel und der Kameraausrichtung.
Im Gegensatz zur Visual Novel, die mit einen ziemlich ausgefallenen Design zu überzeugen wusste, nutzt man hier auch wieder bewusst den klassischen Anime-Zeichenstil, der auch die erste Staffel von Steins;Gate geprägt hat. Die Animations- Qualitäten sind weiterhin auf einem guten Niveau, wenn auch nicht auf Hochglanz-Produkt getrimmt, wie so manch anderer Anime. Die hohe Performance eines Violet Evergarden werdet ihr bei White Fox nicht finden.
Deren Fähigkeiten liegen in anderen Details, der Darstellung von Stimmung. Die Inszenierung weiß durch seine Einfachheit einen ziemlich ansehnlichen Anime zu erzeugen. Was ihr mit Steins;Gate:0 erhaltet ist also eine weitreichend gute Animationsserie, die vor allem durch die starken Kontraste überzeugt. Trotzdem hätte ich auch schon gerne mal eine direkte Adaption der Spielevorlage gesehen. Deren spezieller Look ist nicht alltäglich und hätte in Anime-Form sicherlich seine Blicke auf sich gezogen. Aber auch so ist Steins;Gate ein schickes Werk.
Sound & Musik
Für Steins;Gate:0 wurde von Peppermint Anime wieder das altbewährte Oxygen Sound Studios engagiert, die allen wichtigen Figuren wieder die alten Sprecher verpasst haben. Dadurch hört ihr in der Rolle des Okabe auch wieder Marios Gavrilis, der einen ausgezeichneten Job abliefert.
Schließlich muss er zeitweise seine aufdringlich, hektische Art des Originals ablegen und sich auf einen weitaus besonnen Charakter konzentrieren, der etwas reflektierter mit seinem Leben umgeht. Das auch hier die richtige Stimmung gelingt, zeigt was für ein wirklich guter Sprecher in ihm steckt. Es kommt selten vor, dass ein Synchronsprecher seinen Charakter so perfekt zu verkörpern weiß und ihm derart viel Charme verleihen kann.
Auch Friedel Morgenstern in der Rolle der Mayuri hat mir wieder sehr gut gefallen. Ihre Stimmlage wirkt sehr harmonisch und sympathisch, was super zur Figur der Mayuri Shiina passt. Doch auch wenn diese beiden Sprecherleistungen besonders hervorstechen, darf man auch die Arbeit des restlichen Casts nicht unter den Teppich kehren. Denn die gesamte Synchronfassung klingt sehr angenehm und authentisch vertont.
Dazu kommt, dass die Dialoge vom Tonstudio auch ziemlich gut geschrieben klingen. Wer also die Wahl hat, ob er Japanisch oder Deutsch wählen soll, dem würde ich tatsächlich zur hiesigen Sprachfassung raten. Schon allein, um die ziemlich gute Synchronfassung von Rintarou Okabe zu hören. Ich habe mir die Bluray über etwas “hochwertigere” Kopfhörer angehört und kann sagen, dass der Klang insgesamt auch sehr gut rüberkommt. Die Stimmen sind klar und gut vom übrigen Sound getrennt, wodurch man eine angenehme Balance hat. – Oxygen: Daumen nach oben!
Content & Verpackung
Der Publisher bringt euch die Serie in mehreren Volumes in den Handel. Die erste Volume, die ich hier zur Bewertung vorliegen haben, wird in einem Pappschuber ausgeliefert, in dem sich ein kleines, kompaktes Digipack befindet. Das Design ist zwar schlicht, aber sehr schick umgesetzt. Nach dem Aufklappen findet ihr dann die Bluray, weitere Extras sind derweil nicht eingebunden.
Schön ist aber, dass sich der USK-Sticker ohne sichtbare Spuren von der Papphülle entfernen lässt. Design technisch liefert man wieder eine sehr positive Arbeit ab. Was die Boni angeht, muss man als Fan aber leider etwas zurückstecken. Da sich Peppermint dafür im Gegensatz zur Konkurrenz oft für mehr Episoden pro Volume entscheidet, geht das wohl in Ordnung.
Inside Anime
Die Geschichte von Steins;Gate hat unter Anime Fans inzwischen Kultstatus erreicht. Darauf aufbauend war es sicherlich nicht leicht eine plausible Fortsetzung zu schaffen, die genügend Zugkraft hat. Steins;Gate 0 funktioniert darum auch mehr als alternative Geschichte zum Original, die eine der Routen aus der Visual Novel Vorlage aufgreift und zeitgleich das Ende der Anime Umsetzung mit einbindet. Das gelingt dem Produktionsteam auch ziemlich gut.
Man fühlt sich als Fan sofort wieder in den Bann dieser Zeitreise- Story gezogen. Besonders spannend fand ich die strikte Trennung der beiden Serienteile, was die Stimmung betrifft. Denn während das Original bzw. Staffel 1 noch recht positiv wirkte, was insbesondere durch Okabe’s verrückte Art gelang und meist eher fröhlich und hoffnungsvoll inszeniert wurde, ist Steins;Gate 0 das genaue Gegenteil. Durch die Ereignisse in Steins;Gate ist Rintaro stark geprägt, was ihn fast depressiv erscheinen lässt.
Das ist natürlich auch verständlich. Schließlich war er in der ersten Staffel stets optimistisch mit der richtigen Entscheidung auch die Zeit zu verändern. Dass jede Änderung aber auch zeitgleich katastrophale Folgen hatte, war ihm damals noch nicht bewusst. Inzwischen ist ihm aber bewusst, dass keine Weltlinie die Liebe seines Lebens retten wird, ohne weitaus schlimmere Dinge auszulösen. Die Ausgangslage und der gesamte Ton der zweiten Staffel wirkt dadurch trauriger und melancholischer, weil Rintaro scheinbar selbst trübselig durchs Leben geht. Die konsequente Entwicklung seiner ursprünglichen Entscheidung wirkt sich auf ihn aus, was wirklich clever erzählt wirkt.
Dadurch wird die charakterliche Entwicklung auch gekonnt weitergebracht. Der einst vollends durchgeknallte Wissenschaftler, der aber stets für einen munteren Spruch gut war, ist jetzt voller Zweifel und Sehnsucht. Durch das “Wiedersehen” mit Kurisu vermischen sich auch stark Realität und Fiktion, was sehr interessant erzählt wird.Man bekommt also deutlich mehr Melodrama und charakterliches Dilemma serviert, gepaart mit einem ziemlich wilden Plot. Denn schließlich gilt es nebenher noch die Zeitlinie zu verändern, um die Erde vor dem dritten Weltkrieg zu retten.
Dafür erhält unser verrückter Nerd auch genügend Hilfe von seinen Freunden. Die zweite Staffel zeigt sich damit als Sequel, bei dem aber auch zeitgleich eine alternative Geschichte zur Hauptserie entsteht. Das ist interessant und macht die die Serie auf weite Sicht spannend. Steins;Gate ist hierbei auch wohl der einzige Anime, der es schafft Fantasy und reale Wissenschaft so unter einem Hut zu bringen, dass die Geschichten rund um Zeitreisen & künstliche Intelligenz trotzdem nachvollziehbar bleiben. Was hier teilweise erzählt wird klingt so plausibel, dass man es als Zuschauer tatsächlich für möglich halten könnte.
In vielen Büchern, Filmen oder Spielen sind Zeitreisen ein sehr heikles Thema, weil viel zu viele Widersprüche auftreten und Logiklücken in der Geschichte entstehen. Dies ist bei Steins;Gate nicht der Fall, oder zumindest fällt es wohl keinen Zuschauer wirklich bewusst auf. Obwohl Staffel 1 eigentlich in sich abgeschlossen ist, wirkt die Fortsetzung sehr gekonnt umgesetzt. Ich für meinen Teil hatte sehr viel Spaß an den ersten Episoden der Vol.1, die uns Peppermint Anime hier abliefert. Aber ich muss auch ehrlich sagen, dass ich Steins;Gate für einen der besten Anime und Visual Novel aller Zeiten halte. Insofern bin ich vielleicht auch leicht voreingenommen, was die Zero Zeitlinie betrifft. Die hohe Qualität dürfte aber wohl jedem sofort auffallen.
©M/K/SG0P / ©MAGES / 5pb./Chiyo st.inc / Nitroplus
©2020 Peppermint Anime
Vielen herzlichen Dank an Peppermint Anime für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares von “Steins;Gate 0 – Vol.1″ für den Test:)