Nach Sonic Mania taucht der Igel wieder in die Dreidimensionale ab! Ob Forces auf der Switch für Plattform Fans ein Blick wert ist, klärt der Test…
Raus aus der Mittelklasse!
Der pfeilschnelle Igel Sonic hatte es zuletzt nicht leicht. Seit dem Wechsel in die 3D Ära wurde er von allen Seiten kritisiert und kam über die Mittelklasse einfach nicht mehr hinaus. Einzige Ausnahme war Sonic Generations, das vor 6 Jahren auf der PS3/360 erschien und den Ansatz wagte 3D Sonic und 2D Sonic unter einem Hut bringen zu wollen. Das glückte unerwartet gut und brachte Top Wertungen ein.
Leider rutschte Sonic danach wieder ins Nirgendwo und patzte vor allem mit Sonic Boom. Seit dem 7. November will es Sega aber nun noch einmal wissen und lässt sich wieder auf den Generations Mix aus 2D/3D Plattformer ein. Nach Sonic Mania also der nunmehr zweite Switch Titel mit dem blauen Igel. Im Kern erwartet euch mit Forces somit eine direkte Fortsetzung von Sonic Generations, was spielerische Ideen und Umsetzung angeht. Die Story entspringt dabei wohl auch dem Traum eines Fanboys.
Was’ ne Fanfiction!
Sonic’s Erzfeind Dr. Eggman hat es in Forces nämlich schließlich doch noch geschafft die Welt zu erobern und den Turbo-Igel gefangen zu nehmen. Während unser blauer Held den Folterungen ausgesetzt ist, versammelt sich eine Widerstandsgruppe rund um Sonic’s Freunde.
Schon die ersten Minuten präsentieren sich also äußerst düster, was auch an Tails zu erkennen ist, der sich offenbar aufgegeben hat und sich verloren fühlt. Alleine schraubt er an seinen Erfindungen herum, als plötzlich der Oldschool Sonic auftaucht. Zeitgleich erreicht ein Neuankömmling die Kommandozentrale der Widerstandsgruppierung. Diese schillernde Persönlichkeit ist euer Held, den ihr frei selbst gestalten dürft. Ob ihr als Mitglied der verrückten Truppe Einfluss auf den Krieg nehmen könnt und Sonic aus Dr.Eggman’s Gefangenschaft befreien könnt, steht in den Sternen.
Eure Aufgabe ist es jedenfalls den Planeten zu befreien und Infinite zu besiegen. Sonic Forces zelebriert hierbei förmlich die Albernheit des Sonic Universums. Trotz der mitunter wirklich düsteren Geschichte, finden sich nämlich Oneliner und total absurde Szenen ein. Auch die Dialoge sind teilweise echt kitschig geschrieben, weshalb man schon mal Fremdscham empfinden kann. Schließlich hat irgendwer diese Texte tatsächlich geschrieben und geglaubt es würde intelligent klingen.
Sonic Forces wirkt gänzlich wie eine absurde Fan-Fiction, die sich viel zu ernst nimmt und dabei peinlich rüberkommt. Aber gerade das macht den Charme der Story auch aus. Diese kitschige, fast dämliche Erzählung, die seltsamerweise genug Unterhaltung bietet, um Spaß daran zu finden. Durch die hanebüchene Handlung findet sich letztlich aber auch ein logischer Weg, wieso wir neuerdings mit einem eigens erstellten Helden in die Jump’n Run Schlacht ziehen.
Ja, es wirkt alles bei den Ohren herbeigezogen, aber hey, besser als die alte “Held rettet Prinzessin” Geschichte, ist das gebotene allemal. Und irgendwie zeigt es auch die Coole Art von Sonic, der sich vor nichts einschüchtern lässt. Die Story mag also schon ziemlich Over-The-Top B-Movie mäßig klingen, macht aber eben Laune, und mehr braucht ein Plattformer nicht.
Mach dir den Sonic!
Durch die Geschichte ergibt sich also ein neuer Charakter – Eurer Held, den ihr per Editor erstellt. Dieser besticht durch ziemlich breit gefächerte Möglichkeiten eure Figur nach eurem Wunsch anzupassen.
Der bunt gewürfelte Haufen an Charakter- Skins lässt euch Hasenohren mit Katzenkopf oder ähnliches verbinden. Ob Körperart, Augenpartie, Ohren oder etliche Klamotten – All dies lässt sich zu Beginn festlegen und wird durch das Fortschreiten in der Story noch erweitert. Mit jedem erfolgreich beendeten Level erhaltet ihr nämlich neues Equipment, das ihr hinterher ausrüsten dürft.
Zu jederzeit ploppen neue Accessoires auf, die ihr zum Verschönern eures Helden nutzen könnt. Auch neue Waffenarten lassen sich freischalten, denn neuerdings findet auch so etwas Einzug ins Sonic Universum. Anders als der alte Igel besitzt euer Held nicht die Fähigkeiten einen Dash zum Sprung auszuführen, sondern nutzt ein Seil zum überqueren von Hinternissen. Zudem setzt er vielmehr auf sein Waffenarsenal rund um Flammenwerfer und Elektrowaffen.
Diese lassen sich sinnvoll ins Gameplay einbauen, wodurch sich Forces im Vergleich zu früher doch etwas anders spielen lässt. Auch wenn der Fokus weiterhin auf Geschwindigkeit liegt, macht man mit dem selbst erstellen Charakter auch mal einen langsameren Schritt, um die Gegner zu grillen. Am eigentlichen Konzept ändert die Waffen Integration allerdings nichts.
Wenn 2D auf 3D trifft!
Sonic bleibt trotz leichter Änderung immer noch Sonic. Deshalb greifen die Entwickler auch meist auf altbewährtes zurück und kombinieren Classic 2D Areale mit 3D Movements. Innerhalb der 3D Levels kann also schon einmal die Perspektive wechseln, was durchaus für Abwechslung sorgen kann. Auch klassische 2D Abschnitte, die ohne viel Schnickschnack an Fähigkeiten auskommen, sind in Sonic Forces mit von der Partie.
Mit Classic Sonic geht es hier ab in die altbekannten 2D Areale, die sich oft aus Neuinterpretationen früheres Stages zusammensetzen. Die verwinkelten Level sind dabei sehr vielfältig und halten mehrere Wege zum Ziel bereit. Dies sorgt aber wie schon seit jeher dafür, dass man gerne die Orientierung verliert und sich nicht gänzlich sicher ist, ob der gewählte Pfad nun der kürzeste war. Sonic’s Movements entsprechen derweil denen, die er auch in dem MegaDrive Klassikern besaß. Leider wurde beim Transportieren in die Neuzeit gleichzeitig auch die Physik angepasst und die Steuerung abgeändert. Dadurch spielt sich Sonic sehr schwammig und unnötig kompliziert.
Neuerdings ist es nämlich nötig den Analogstick nach unten und zeitgleich den B-Button zu betätigen. Das ist ziemlich fummelig und sorgt in der Hektik des Spiels für einen schwachen Flow. Die 2D Abschnitte aus Sonic Forces zeigten mir auch wieder einmal, was mir an Sonic früher immer missfiel. Das Spiel ist zu sehr auf Momentum ausgelegt, was den Spielfluss ziemlich stören kann. Seid ihr in einem Moment noch am herumrennen, hängt ihr kurze Zeit später wieder an einer Plattform fest. Im Zusammenwirken mit der neuartigen Steuerung wirkt das doch sehr mühselig und noch nerviger, als zuvor. Aber echte Sonic Nerds wird diese Hürde vielleicht gar nicht stören, da so noch eine größere Herausforderung aufkommt. Mich konnten die 2D Levels jedoch nicht sonderlich überzeugen.
Viel eher hatte ich Spaß mit den 3D Areale, in denen die Kamera direkt hinter Sonic positioniert wird und man ihm aus der Verfolgerperspektive durch die Levels lotst. Mit enormer Geschwindigkeit saust ihr mit Sonic durch die bunten Areale und hämmert förmlich den B-Button, sobald die automatische Markierung den Gegner im Visier hat. Hierdurch vollführt Sonic seine Homing-Attack. Das Timing ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, doch hat man einmal das Spielgefühl verinnerlich, versprüht Sonic Forces eine Menge Spaß. Dank des Lightspeed Dash kommt man mit dem Igel auch in einem sehr angenehmen Flow, wird dabei aber stets wie auf Schienen geführt.
Der Mix aus Geschwindigkeit, Präzision und Momentum mag nicht immer perfekt ineinandergreifen, doch gerade im Handheld Modus ist das Spiel ein super Spaßgarant. Die kurzweiligen Level, die im Normalfall auf bis zu 3 Minuten ausgelegt sind, eignen sich zumeist hervorragend für Unterwegs. Sonic Forces ist somit bestens geeignet, um zwischendurch mal einen Level einzuwerfen. Für längeres Spielvergnügen ist der Titel dagegen nicht gemacht, schließlich fällt der Umfang sehr gering aus. Man kann wohl mit 3-5 Stunden rechnen, bis man den finalen Bosskampf erreicht und das Spiel schlussendlich abschließt.
Dieser letzte Akt fühlt sich zudem auch sehr gestreckt an und kann einem durch den plötzlichen Anstieg des Schwierigkeitsgrad schon mal zur Weißglut treiben. Etwas mehr Spielzeit hätte dem Titel außerdem gut zur Gesicht gestanden, doch letztlich ist es dafür aber auch kein Vollpreisspiel, sondern erscheint für 39,99€ im Handel. Dafür ist das Gebotene also vollkommen in Ordnung. Sonic Forces schafft es nie so ganz die perfekte Balance von 2D/3D Szenen aufzubauen und beides unter einem Hut zu bringen. Zu gequält wirken 2D Abschnitte und zu wahllos in die 3D Levels eingebaut.
Ein Igel macht mobil!
Doch egal wie sich das Game letztlich spielerisch anfühlt, eines lässt sich wohl nicht verleugnen – Technisch ist das Spiel auf einem durchaus soliden bis guten Niveau.
Dies mag vielleicht nicht für allen Konsolen gelten, doch auf einer Nintendo Hardware hatte man bisher kein Sonic-Spiel mit derart schöner 3D Visualisierung. Die Gemeinsamkeiten mit dem Vorgänger sind dabei nicht von der Hand zu weisen, was positiv ist. Leider spielt die Auflösung nicht in der höchsten Liga mit. Zum Teil wirkt das Bild sehr weichgewaschen und scheint einem hochskalierten 480p Signal sehr nah zu kommen. Leichte Erinnerungen an die Wii Ära werden zwangsweise wach. Ein glasklares Full HD Bild könnt ihr somit schon mal vergessen. Das ist sicherlich schade, da viele Switch Spiele andere Qualitäten beweisen.
Die Grafik setzt also erwartungsgemäß keine Maßstäbe für das Genre, ist für einen Handheld Titel aber trotzdem ansprechend. Die Kritik gilt nämlich größtenteils für den TV Modus. Durch das deutlich kleinere Display erscheint Sonic Forces im mobilen Betrieb nämlich in einer – für Sonic Verhältnisse – nie da gewesenen Handheld Pracht. Der klassische Handheld Modus zeigt welche Power in der kleinen Hardware steckt. Selbst die rasanten Manövern bringen den kleinen Kasten kaum ins Schwitzen. Natürlich erreicht das System keine 60fps, wie auf PS4/One, doch die meist konstante 3o FPS Rate reicht vollkommen aus. Auch wenn es bei vielen Effekten und Gegnern mal zu leichter Einschränkung der Bildwiederholrate kommt, ist das nicht der Rede wert.
Erhebliche Framerate Einbrüche müsst ihr nicht befürchten, sodass es nie spürbar ruckelt oder unspielbar wird. Das ist für ein so schnelles Spiel im mobilen Modus schon ziemlich gut. Auch ansonsten macht das Spiel eine anständige Figur, was die optischen Qualitäten angeht. Der eigensinnige Sonic Look verleibt dem Game schick ausmodelierte Charaktere, sorgt für recht detail- und abwechslungsreiche Hintergründe und hat mit seinem immensen Tempo sehr rasante 3D Abschnitte zu bieten, bei denen man kaum merkt, wenn eine Textur mal zu niedrig aufgelöst ist oder der Detailgrad leicht schwindet.
Einige Design- Sünden, was die Level-Architektur betrifft, sind zwar vertreten und ziemlich unglücklich gewählt, doch im Großen und Ganzen halten die kunterbunten Welten ansehnliche Jump’n Run Kunst bereit, die auch spielerisch funktionieren. Wenn man die Technik betrachtet, fällt natürlich auch der Sound auf, der in Sonic Spielen mal mehr, mal weniger durchwachsen ist. In Sonic Forces gilt ähnliches.
Der Musical Score bietet nämlich einige Lichtblicke, aber auch etliche Nerv- Sequenzen, bei denen man sich am liebsten die Ohren zuhalten möchte. Zwischen einigen gängigen Stücken und coolen Rock Tunes, findet sich leider auch wieder mittelmäßiges J-Pop/Elektro Gedudel ein. Das ist dann doch schon grenzwertig. Insgesamt ist die Musik aber meist gut und motiviert beim Spielen. Lobenswert ist allerdings, dass Sega dem blauen Igel Abenteuer wieder eine Deutsche Synchronisation verpasst hat, die auch ganz passabel ist. Die Stimmen passen zu den Charakteren und sind im Kontext zur albernen Handlung auch gut vertont. Zwar nicht immer synchron, aber zumindest nicht schlecht lokalisiert.
Vielen herzliche Dank an Koch Media und deren Vertriebspartner SEGA für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares von Sonic Forces für die Nintendo Switch:)
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