Die früheren 2000er waren eine gänzlich andere Videospielzeit. Dark Souls war noch nicht geboren. Online Gaming lag in den Kinderschuhen und Open World war ein Begriff, der sich noch nicht durchsetzte. Stattdessen regierten Skater den Markt. Der Verkaufsschlager Tony Hawk sorgte für eine Welle an Funsport Spielen, die in so ziemlich jeder Form zu finden waren. Fast schon baugleich fühlt sich auch das neue Rollerdrome Champions an, das euch mit Rollerblades auf irrwitzige Parkours schickt.
Auf dem Papier klingt Rollerdrome Champions wie ein wild gewordener Fiebertraum. Im Jahre 2030 ist die Welt einer neuen Sportart verfallen: Dem Rollerdrome. Ein Arenasport, der die Teilnehmer auf verschneite oder hügelige Skateparks schickt, wo sich gegenseitig mit eleganten Tricks und Waffengewalt die Leviten lesen.

Der ausgefallene Überlebenskampf zeigt sich als abgefahrene Mixtur aus Tony Hawk und Battle Royal in einer Funktion. Mit schnellen Shoot-Outs versucht ihr euch des Gegners zu entledigen und möglichst Trickreich durch die Skateparks zu sausen.
Die Arena-Kämpfe werden als Einzelspieler- Shooter inszeniert, in der ihr in der Haut der Newcomerin Kara Hassan am Rollerdrome Championship teilnehmt. Einziges Ziel: Der Aufstieg in den Ranglisten und der Gewinn des Rollerdrome Titels.
Das Konzept selbst zeigt sich als spannende und durchaus interessante Spielidee, die in seinen besten Momenten an Spieleklassiker wie Jet Set Radio erinnert. Als Spieler fegt man über die abwechslungsreichen Skate-Parcours und ballert sich durch das Geschehen. Der interessante Kniff bei den Shoot-Outs: Eure Munition wird nur durch abgeschlossene Tricks aufgeladen und eure Gesundheit nur durch zielsichere Treffer erneuert.
Schafft ihr es nicht beides gekonnt zu kombinieren und euch geschickt über die Kurse und Half-Pipes zu manövrieren, schickt euch das Spiel schneller auf den Jordan, als ihr “Ollie” Rufen könnt. Heaven is a Half-Pipe, könnte man sagen. Die Spielidee ist also wirklich außergewöhnlich und vielversprechend.
Schließlich schafft man es ein Spiel zu entwickeln, das sich fast wie in Relikt der frühen Extremsport- Zeit anfühlt. Dazu passt auch der visuelle Ansatz, den das Entwicklerteam hier gewählt hat.

Die Spielewelt wird nämlich dabei in einem unverkennbaren Grafikstil präsentiert, der schon fast an frühere Spiele wie Killer7 oder 13 erinnert, aber auch eine Scheibe beim vorhin genannten Jet Set Radio abschneidet. Die verrückten Skate- und Kampf-Kombos bzw. Schusswechsel entwickeln tatsächlich ihren ganz eigenen Charme. Im Laufe der Kampagne werden die Arenen dann auch vielfältiger und die Gegnermassen schwieriger. Auch die Umgebungsbedingungen werden zeitweise komplexer und interessanter. Fast als hätte man den Park-Editor aus THPS genutzt, um sich ordentlich auszutoben. Neue Arenen bzw. der Storyfortschritt lässt sich freischalten, indem gewisse Aufgaben erfüllt werden, die es in den Levels zu erreichen gilt. Das geht von simplen Aufgaben wie “Eliminiere 5 Spieler mit der Schrotflinte” und “Führe einen Wallride aus” bis hin zu etwas komplexeren Aufgabenfeldern.
Auch das erinnert an frühere PS1 Funsport-Spiele, bei denen das Abklappern von verschiedenen Herausforderungen das Ziel war, um neue Skater oder Levels freizuschalten. Nur mit den verschiedenen Mechaniken und Tricks, die ihr ausführen könnt, ist also ein zeitiges Vorankommen möglich.

Die Schwierigkeit hält sich zwar meist in Grenzen, hat aber bedingt durch die Steuerung einige Hürden. Die Gegner unterscheiden sich derweil in Masse und Klasse. Während einige “Fußsoldaten” nur ziellos durch die Gegend irren und auf euch ballern, sind Sniper die echte Gefahr. Es lässt sich zwar durch eine Zielmarkierung erkennen wo der Schuss einschlagen wird, doch mit schlechten Timing nimmt man bei einem Treffer eben ordentlich Schaden. Auch andere Gegnertypen lassen sich mit verschiedenen Fertigkeiten und Waffentypen finden und wollen mit unterschiedlichen Taktiken bekämpft werden. Die Story, die sich für euch als Extreme Sportler ergibt, ist allerdings nicht mehr als bloßes Beiwerk. Für eine Sport-Kampagne durchaus in Ordnung, aber erwartet keine großen Qualitätssprünge innerhalb der Geschichte.
Dafür überzeugt aber wiederum das Setting der Geschichte, die sich mit politischen Fragen und der Gesellschaft außerhalb des brutalen Sportgeschäfts beschäftigt. Das Spiel wirkt als hätten sich Skate Fans mit Filmfreaks unterhalten und ihre eigene Version von Schwarzeneggers Running Man mit allerlei Kuriositäten und Oldschool Spielen kombiniert.



Ich bin ohnehin ein großer Fan solch dystopischer Zukunftsvisionen, die unsere Realität etwas auf den Kopf stellen. Wenn dann noch solche Future- Extremsport Konzepte einfließen bin ich als 80s/90s Trashfilm Fan durchaus gewillt über ein paar Minuspunkte hinweg zuschauen.
Visuell fängt man das Spiel mit seinen außergewöhnlichen Comic-Look auch extrem gut ein. Die Animationen und der Zeichenstil erinnern an frühere 80’s Cartoons, was im Zusammenspiel mit den ungewöhnlichen Farbakzenten ein sehr individuelles Bild abgibt. Auf dem derzeitigen Videospiel Markt gibt es eigentlich nichts vergleichbares.
Vielleicht erinnern sich ältere Semester noch an so kleine PS1 Nischentitel wie X-Treme Roller oder X-Bladez. Spielerisch fühlt sich das Skating in Rollerdrome Champions sehr ähnlich an, was allerdings nicht unbedingt immer als Kompliment zu verstehen ist.
Denn viele Situationen sind schwierig zu meistern, da das Sprungverhalten für z.B. einen Ollie ein wirklich extrem enges Timing voraussetzt. Auch die übrigen Tricks lassen sich nicht konsequent genug verbinden, um einen wirklichen Spielfluss zu ermöglichen.



Das Gebotene ist weit ab von den Qualitäten, die ein Tony Hawk Pro Skater auf der PS1 schon ablieferte. Trotzdem gibt das Spiel als Gesamtprojekt eine gute Figur ab. Es ist spielerisch frisch, optisch unverbraucht und als Extrem-Sport Titel schon fast eine Rarität auf dem aktuellen Spielemarkt. Lass es euch also nicht entgehen, wenn ihr auf solche Nischenspiele steht.
FAZIT:
Rollerdrome Champions erinnert an die frühe Playstation Hits, die im Fahrtwind von Tony Hawk das Funsport Genre aufmischen wollten. Zu jener Zeit war es völlig egal, ob man sich auf’s Skateboard, die Rollerblades oder auf’s Snowboard stürzte. Denn letztlich stand der trickreiche Spielspaß im Vordergrund. Dieses Gefühl lässt das Entwicklerstudio Roll7 tatsächlich wieder aufleben und bringt einen speziellen Geheimtipp in die Online Stores. Schade nur, dass es dem Spiel in vielerlei Hinsicht an Content und Langzeitmotivation mangelt. Letztlich schöpft man das Potenzial dieser spielerischen Idee nicht genug aus. Spaß macht das Teil aber definitiv. Wer also Lust auf rasante und actionreiche Rollerfahrten hat, der kann ruhig zugreifen !
Bildmaterial: ©2022 PLAION GmbH, Austria. | Volition – Saints Row
Vielen herzlichen Dank an gaertner pr und Roll7 für die freundliche Bereitstellung des Download Codes von
Rollerdrome Champions für die Playstation 5.