Die Fußball Profis von Konami wollen 2019 ihr bestes Pferd ins Rennen um die Krone des Fußballkönigs schicken. Ob der fast einmonatige Vorsprung zu EA zündet, verrate ich euch im Test…

Von Torschüssen & Glanzparaden!

In Japan als Winning Eleven bekannt, in unseren Landesteilen eher als Pro Evolution Soccer oder schlicht PES bezeichnet, zeigt sich das Videospiel von Konami stets als hochgradig realistische Fußball-Simulation. Die altgediente Formel des Kicks wird jährlich um leichte Verbesserungen aktualisiert und eifert froh seinem realen Vorbild nach. Somit auch schon mal das wichtigste für alle Kauffreudigen Fußballer vorweg – PES 2019 gelingt es auch in diesem Jahr wieder eine exzellente Partie aufs Feld zu bringen. Zu radikale Änderungen des Gameplays dürft ihr allerdings nicht erwarten. Vielmehr baut das Entwicklerstudio auf dem Kernkonzept von Pro Evo 2018 auf.

Was dabei zuerst ins Auge fällt, ist die erhöhte Geschwindigkeit zum Vorjahres-Spiel, wodurch sich Zweikämpfe im Mittelfeld und über den Flügeln mit mehr Dynamik spielen. Darüberhinaus wurden auch feine Änderungen an der Physik-Engine vorgenommen, womit eine physische Trennung zwischen Ball und Akteur erzeugt wird. Anders als im Konkurrenten Fifa bestimmten in PES nämlich nie die Kicker welche Flugbahn der Ball nimmt, da der Ball eine eigene Physik besitzt und sich der jeweiligen Situation anpasst. In PES 2019 ist dies umso mehr spürbar, da Körperhaltung und Drehung zur Fluglinie des Balles zwangsweise neu berechnet werden.

Im Zusammenwirken mit den feineren Animationen wird so der Realitätsgrad angehoben. Dies kommt vorrangig auch beim Torabschluss zum Vorschein, wo die marginalen Änderungen an der Ballphysik starke Auswirken auf die Flugbahn haben. Das wirkt sich auch auf die Torhüter aus, die mit ihren neuen Animationsphasen teilweise spektakulären Parade zu Stande bringen. Wenn der Keeper den Ball gerade noch so mit den Fingerspitzen gegen den Pfosten lenkt und dieser nicht – wie in Fifa – sofort wieder vor dem Fuß des Gegenspielers landet, sondern physikalisch korrekt abprallt und ins Aus springt, merkt man wie viel Realismus inzwischen in diesem Spiel steckt.

Die große Kunst des Dribbeln’s!

Auch das Dribbling-Verhalten wurde leicht überarbeitet, wodurch Spieler wie Coutinho, Messi, oder Neymar bei der Ballführung temporeiche und kontrollierte Laufduelle ausführen können. Ein quirlliger Dribbelkünstler wie Mo Salah führt den Ball beispielsweise so federleicht und eng an den Fußsohlen, dass jeder Richtungswechsel eine gefährliche Torsituation hervorbringt.

Die Abwehr schwimmt in diesen Szenen regelrecht, kann sich aber durch stämmige Verteidiger oftmals trotzdem zur Wehr setzen. Die Entwickler haben hier nämlich gut mitgedacht und bei der Körperstatur bzw. Physik dieser Hünen auch die schwerfälligen Abwehrspieler eingerechnet. Eine felsenfeste Mauer wie Niklas Süle kann dem flinken Neymar also leicht mal aus dem Gleichgewicht bringen. Diese Auswirkungen auf das Ballverhalten sind zusätzlich auch bei Eckbällen und Flanken spürbar, wo starke Verteidiger wie Jerome Boateng oder Sergio Ramos schnell die Lufthoheit gewinnen und merklich den Körper einbringen. Da hier auch die Körperhaltung zum Tor eine gewichtige Rolle spielt, kann der Ball eine überraschende Flugbahn nehmen.

Die gravierendste Neuerung dürfte aber wohl die Ausdauerleiste sein, die bei übertriebenen Gebrauch von Dribblings und temporeichen Läufen schnell zu kraftlosen Kickern führen kann oder sogar die Verletzungsgefahr erhöht. Das visuelle Feedback in diesen Szenen sollte hier auch nicht unerwähnt bleiben. Während es beim Konkurrenten Fifa kaum Relevanz hat, ob ein Spieler verletzt ist, bleiben die Akteure in Pro Evolution Soccer 2019 einfach auf dem Feld liegen, bis der Ball ins Aus geschossen wird. Das sorgt für einen ziemlichen Nachteil, da ihr in diesen Situationen in Unterzahl agieren und aufs Fair-Play des Gegenübers vertrauen müsst. Und wir alle wissen – Fair Play ist nichts, was man als Spieler in Onlinespielen erlebt.

Darüberhinaus wirken auch die Zweikämpfe um den Ball realitätsgetreuer, da die KI inzwischen auch sehr schlau spielt und die Räume ausnutzt. Die Abwehr-Mechaniken sollten lassen aber wieder zu Wünschen übrig. Da es keinen Button zum Stellen des Ballführenden Spielers gibt und Tempo-Dribbling wie in Fifa 18 nicht existiert, kann man als Verteidiger leicht überlaufen werden. Beim Balancing zwischen Abwehr und Sturm klafft in PES 2019 mehr denn je eine Lücke. Der virtuelle Kick wird dadurch herausfordernder, aber auch unfairer. Zumal Online viele Spieler diese Aussetzer ausnutzen können.

Mach’s wie Pep Guardiola!

Die Pro Evolution Soccer 2019 Serie durfte sich schon immer als Glücksgriff für Strategen verstanden fühlen. Wer mal als virtueller Taktiker den Heynckes oder Guardiola in sich entdecken möchte, der hat in PES 2019 wieder zahlreiche Gelegenheiten dazu. Mit schnellen Handgriffen dürft ihr zahlreiche Voreinstellungen vornehmen, um auf dem Platz die Oberhand zu gewinnen. Gerade auch in Online-Matches fällt es auf, wie stark der Sieg von der Strategie abhängig ist.

In einem meiner Spiele hatte ich gar die Situation, dass ich mit meiner Flügelrotation keinerlei Raum finden konnte und zur Halbzeit 0:3 hinten lag. Zur Pause habe ich schließlich die Taktik geändert und das Mittelfeld dichter gestellt bzw. auch den Stürmer vorne lauern lassen. Siehe da – Endergebnis 4:3 für mich. Die zahlreichen Taktikeinstellungen sind in PES also nicht nur wahllos zusammengeschusterte Button-Abfolgen, sondern tiefgängige Spielergänzung. Ihr wollt, dass eure Spieler durch die Mitte taktieren, den Druck erhöhen oder, dass die Flügel als Außenverteidiger nach Hinten rücken? No Problem! Mit kurzen Klicks im Taktikmenü habt ihr die schnelle Wahl getroffen.

Wenn ihr hierbei lieber Defensiv spielt und den Strafraum dicht nagelt, dann orientiert euch an Morinhou und setzt auf Park the Bus. Wenn ihr allerdings lieber den Jürgen Klopp mimt und voll auf die offensiven Flügelspieler mit hohen Druck setzt, dann nutzt diese Taktik. Auch aggressives Pressing im Mittelfeld, wie es Guardiola spielen lässt, ist frei wählbar. Schöne Sache, wenn man sich als Fußball-Fan so ausleben kann. Etwas, das mir weniger Freude am Spiel bereitet hat, ist die Tatsache, dass Pro Evo in diesem Jahr ziemlich Flügel- und Konter lastig ausfällt.

Wenn ihr beispielsweise mit Liverpool, die mit flinken Turbo-Dribblern wie Mo Salah und Mane vorne starten, ins Match geht, dann zieht euer Gegenüber schnell den Kürzeren, sollte er Teams wie ManCity oder Spanien gewählt haben. Deren hohes Pressing im Verbund mit Tiki Taka sorgt meistens dafür, dass eure Reihen leicht überspielt werden können. Zumal Salah und Co. kaum von den Bällen zu trennen sind, wenn sie erst einmal in Fahrt kommen. Zumindest Online scheinen Mannschaften wie Deutschland, die mit trägen Spielaufbau die Defensive unter Druck setzen, einen Nachteil zu haben. Spieler wie Khedira und Kroos sind hier teilweise doch ziemlich nutzlos. Ähnliches gilt auch für andere Pass-starke Taktiker wie Thiago und Kevin DeBruyne, deren eigentliches Spielverständnis und Genialität auf dem Feld einfach nicht umzusetzen scheint.

Anders sieht es allerdings beim Konkurrenten Fifa auch nicht aus. Schon dort fällt auf, dass Spielführer nicht so gut ins Spiel integriert werden können, wie schnelle Dribbelkünstler. In PES 2019 ist dies, durch die erhöhte Geschwindigkeit, nun leider auch der Fall. Somit wird schnell der Eindruck erweckt, dass mit Tiki Taka zwar wunderschöne Kombinationen herausgespielt werden können – die durch die schicken Animationen wirklich detailtreu ausfallen – , aber dies nie zum Torerfolg führt. Konter-Teams sind ihnen meilenweit überlegen. Selbst wenn ihr nach 90 Minuten bei 60-70% Ballbesitz liegt, steht oft die Null auf eurer Seite, während der Gegner mit einem flinken Konter das siegreiche Tor erzielt. Muss man schon mögen diesen Spielstil. Andererseits zeigt PES hiermit aber auch wie es derzeit in der Realität abläuft. Auch dort sind Konterteams die dominierenden Mannschaften, was zuletzt auch die Champions League und Weltmeisterschaft in Russland gezeigt haben.

Visuell ein Volley ins Netz!

Nach dem langen Geschwafel über die Feldherrschaft von PES, muss aber auch mal ein Wort zur Technik verloren werden. Das Jahr 2018 startet für den Konami- Kick mit einer Überarbeitung der Grafik Engine, wodurch visuell so einiges verbessert wurde. Die Beleuchtung, die Kicker und die Stadion-Darstellung wurden gewaltig ausgebessert und lassen fast eine TV-Übertragung erahnen. Um Stadien wie die Anfield-Road oder Camp Nou ins Spiel zu bringen, wurden gar die realen Abbilder eingescannt, um per 3D-Modellierung die Arenen eindrucksvoll ins Spiel zu bringen.

Auch dem Publikum und Spielern wurden neue Animationen spendiert. Die feinen Animationsphasen, die nahtlos ineinander übergehen, zeugen von einem großen Technikschritt. Was die Bewegungsabläufe der Spieler betrifft, so ist Konami dem alten Konkurrenten EA schon weit voraus. Jeder Tritt gegen den Ball, jeder Richtungswechsel und jedes Täuschungsmanöver wirkt elegant und fast wie im Fernsehen. Zusätzlich wurden nun auch endlich verschiedene Wettereffekte ins Spiel integriert, wodurch auch Matches bei Starkregen oder Schnee möglich ist. Dies wurde inzwischen nicht nur optisch gut umgesetzt, sondern wirkt sich auch spielerisch aus.

In visueller Hinsicht kann man der Fußball-Sim also kaum etwas vorwerfen. Das gilt allerdings nicht für den Sound-Bereich, wo wieder einmal Defizite offenbart werden. Die Stadien-Atmosphäre wurde zwar leicht verbessert, ist aber trotzdem noch nicht auf dem Niveau der Konkurrenz. Vieles abseits des Platzes wirkt zeitweise wie ein Dorfkick. Da passt es dann auch, dass die Kommentatoren ziemliche Nieten sind. Der allseits bekannte Marco Hageman spult seine Aussagen emotionslos ab und wiederholt sich in nahezu jedem Spiel. Jedes Mal, wenn ihr “Regen” als Wetterlage wählt, muss er noch kurz vor Anpfiff den Hinweis geben, dass wegen Starkregen fast das Spiel abgesagt wurde, aber alles daran gesetzt wurde, dass die Partie ausgetragen werden kann.

Auch über den strahlend sommerlicher Tag, an dem kein Tropfen Regen zu erkennen ist, muss er ständig philosophieren. Das geht einem tierisch auf die Nerven. Den Vogel schießt dann sein vermeintlich kongenialer Partner Hansi Küpper ab, der oftmals nicht einmal die richtigen Namen der Kicker zu kennen scheint. Wenn zum wiederholten Male von James Rodriguez (Ausgesprochen wie das englische “James”) geredet wird, könnte man als Fan des Sports so langsam durchdrehen. Da sich auch die wenigen Sprüche ständig wiederholen, hat Konami in diesem Sinne wirklich Bockmist fabriziert. Soweit zur Technikseite.

Lizenz- und Innovations- Armut!

Ein wenig kritisch eingestellt sein darf man auch gegenüber der kleine Lizenzausbeute, die in diesem Jahre sogar ohne Champions League auskommen muss. Zwar sind erstmalig die Süper Lige, die Pro League und die Liga NOS vollends eingebunden, doch dafür fehlen eben die wirklich wichtigen Namen.

Die Premiere League, La Liga und Ligue 1 sind beispielsweise nur vereinzelt vertreten. Noch problematischer sieht es in diesem Jahr mit der Bundesliga aus, die dieses Mal nur ZWEI Mannschaften vorweisen kann. Natürlich ist die freundliche PES Community jährlich bemüht ihre Freizeit zu opfern, um die realen Teams in vollen Umfang ins Spiel zu packen, doch sollte man erwähnen, dass Xbox Spieler hier wieder in die Röhre schauen. Somit darf die Lizenzausbeute definitiv as Kritikpunkt gelten.

Zumal auch vereinzelt nicht alle Nationalteams realitätsgetreu eingebunden wurden. Was die Spielmodi betrifft, so zeigt sich PES 2019 wenig innovativ. Vielmehr besinnt sich Konami auf die altbekannten Wettbewerbe, um den Spieler zu locken. Vom “Werde zur Legende”, hinüber zur “Meisterliga” bis hin zum “MyClub” Modus ist nur altgedientes im Angebot. Zwar wurde der MyClub Modus visuell ziemlich aufgebohrt und Verbindungseinbrüche treten weniger auf, aber trotzdem ist die Ausbeute eher mager. Zumal die Konkurrenz nicht schläft und stets neue Modi bietet. Hier wünscht man sich von Konami endlich mal mehr Mut zu Neuem.


Vielen herzliche Dank an ToLL Relations GmbH und Konami für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares von PES 2019 für die PS4:)


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