König Fußball regiert wieder den virtuellen Rasen und leitet damit erwartungsgemäß den Gaming Herbst ein. Den Anfang macht Pro Evolution Soccer aus dem Hause Konami.

Authentischer Spielaufbau

Mit überarbeiteter Fox Engine und kleinen Detailveränderungen möchten die Entwickler das Duell gegen Fifa in diesem Jahr für sich gewinnen. Gar nicht so ein leichtes Verfahren, wenn man bedenkt wie viele Punkte dafür in Angriff genommen werden sollten. Was bei PES 2018 dabei natürlich sofort ins Auge fällt, sind die verlangsamten Bewegungsabläufe.

Im Gesamten bewirkt dies ein deutlich realeres Tempo im Spielaufbau und sorgt so für glaubhaftere Match /Partie- Verläufe. Kein Arcadiges Herumgekicke, sondern taktisches Vorgehen ist nun mehr gefragt, als noch im Vorjahr, was auch die Stärke von Pro Evolution Soccer sein sollte. Endlich funktioniert Tiki Taka wieder vernünftiger und auch in ausweglosen Situationen, in denen euer Ballführender Angreifer bedrängt wird, sind unerwartete Pässe möglich. In der Offensive hat die Verlangsamung auch Auswirkung auf die Skill- Moves, die auf engen Raum nun leichter angewendet werden können, wenn man sie denn verinnerlicht hat.

Leider hat Konami im Vergleich zu Fifa wieder von einer Abschirm- Funktion abgesehen. Im Gegensatz zum Vorjahr decken die Spieler den Ball zwar selber öfters mal ab, aber eine Button- Betätigung wäre hier die angenehmere Lösung gewesen. Allerdings sorgt dieser Umstand eben auch dafür, dass die Defensive nicht komplett unterlegen ist.

Ein Fest für Strategen!

Gefallen haben mir auch wieder die variantenreichen Möglichkeiten, die mir Spielertypen bieten. Es fällt auf, dass ein Messi oder Neymar deutlich leichter mit dem Ball umgehen können und Robben oft weit auf den Außen zu finden ist, während große Verteidiger wie Ramos gut den Ball halten können. Ein guter Außenverteidiger wie Alaba ist so auch ein passendes Mittel, wenn ein guter Flügelspieler an die Seiten drängt. Durch eine Hülle und Fülle von Tatik- Anweisungen, die ihr vor der Partie vornehmen könnt, hält das Game für Strategen so einiges parat.

Dank der facettenreichen und taktischen Tiefe, könnt ihr Offensiv- und Defensivtaktiken einzeln aktivieren und auch Manndeckung für jedes Spiel einzeln einschalten. Zudem ist auch festzulegen wie tief oder hoch die Defensivmauer steht und ob sich Angreifer fallen lassen oder sich vorne aufhalten. Im Gegensatz zu Fifa lassen sich die Spieler trotz vorgefertigter Formation alle noch einmal selbst neu platzieren. Jede dieser Aktivitäten verändert euer Spielverhalten spürbar, was für Taktikfüchse sicherlich ein Fest ist.

Allgemein lässt sich sagen, dass PES Gamer wohl länger im Menü verweilen, wie reine Fifa Liebhaber. Das wirkt sich schließlich aber auch gravierend auf das Spiel aus, denn jede Änderung an der Strategie ist spürbar. So lässt sich auch die teils problematische Defensivleistung der KI- Kollegen ausmerzen, da man sich jederzeit mit der richtigen Taktik auf die Gegnerischen Angreifer einstellen kann. Das macht Spaß und sorgt für den nötigen Motivations- Boost, denn kein Gegner im Online Modus scheint übermächtig.

Dynamisch, Praktisch, Gut!

Durch etliche real wirkende Fehler oder Ball- Abbraller fühlt sich PES immer sehr dynamisch an und keine Partie gleicht der vorherigen. Das war aber ja auch immer ein Pluspunkt von Konami’s Kick. Was aber wieder etwas ins Hintertreffen gerät ist die Defensive, die trotz Überarbeitung oft doch wenig gegen gut eingespielte Angreifer auswirken können.

Auch die Torhüter sind gerne mal nur Nebendarsteller in einem Torreichen Hollywood Theater. Sie sind nicht per se schlecht, greifen aber eben gerne mal bei lockeren Bällen daneben. Ein Kritikpunkt, den ich auch gerne einmal anbringen möchte, ist die fehlende Möglichkeit Tempo- Dribblings sinnvoll einzusetzen. Konami hat es nämlich leider wieder verpennt hier noch mehr Möglichkeiten zu kreieren. Positiv ist aber, dass sich Bälle nun nicht mehr so leicht erobern lassen und ihr mit den Tacklings deutlich mehr Timing benötigt, um die Kicker von ihrem Antritt zu lösen. Aber hier kommt dann eben auch die Frage um die Defensive wieder auf. Immerhin sind Tempowechsel mit den Angreifern leichter, wie mit Verteidigern, die sich langsamer auf Richtungswechsel einstellen.

Aber das kennt man ja auch aus Fifa. Es ist eben nicht leicht hier eine perfekte Balance zu kreieren. Alles andere als leicht, ist auch das Ausführen der Skill Moves, die erst einmal erlernt werden wollen und im Verlauf der Partie anfangs leicht überfordern können. PES 2018 ist durch sein Konzept deutlich weniger Einsteigerfreundlich, als die Konkurrenz, da hier eben wirklich Taktik und Spielaufbau für den Torerfolg in einer Partie wichtig sind. Pro Evolution Soccer hat aber eben durch seine motivierende Lernkurve eine Menge Unterhaltungswert. Hat man sich in die Mechanik eingearbeitet, bekommt man ein aufwendig simuliertes Game, das den virtuellen Fußball nahezu perfekt aufbaut.

Mit der verbesserten manuellen Flanken- Kontrolle lassen sich nun auch perfekte Flanken mit dem Außenriss in den Torraum bringen. Mit etwas Übung fallen so wunderbar herausgearbeitete Tore und das fühlt sich am Ende deutlich befriedigender an, wie in Fifa. Das gesamte Gaming Erlebnis wurde in diesem Jahr natürlich nicht umgekrempelt, aber es wurden einige wunde Punkte ausgemerzt, wodurch sich PES 2018 wieder mehr wie eine Simulation anfühlt. Ich selbst bin auch mehr Fan von langsameren Sport-Spielen, da ich den gemächlichen Aufbau einer Partie genieße und nicht gerne mit Hektik in den Strafraum komme. Es hat sich also am eigentlich Gameplay wenig geändert, aber viele minimale Details heben das Game auf ein hohes Niveau.

Mehr als eine Saison!

Für die Modi- Auswahl hat Konami aber einen grünen Daumen verdient. Schier unendlich viele Varianten an Spielkonzepten halten euch bei Laune. Die meiste Zeit werden PES Spieler hier wohl wieder in den Meisterliga Modus investieren, in dem ihr eigenen Trainer nach euren Vorstellungen erschafft und mit ihm die Geschicke eines Teams leitet.

Dazu zählen neben Spielerverpflichtungen auch das Überwachen der Ausgaben und die taktische Aufstellung eurer Mannschaft. Natürlich sind auch Erfolgsvorgaben vom Manager zeitnah umzusetzen, wodurch sich ein ziemlich spannender Spielmodus ergibt. Wer sich stattdessen lieber auf einen einzelnen Spieler spezialisieren möchte, kann dies im “Werde zur Legende” Modus machen, wo ihr die Karriere eines einzigen Athleten übernehmt und in den Partien auch nur diesen steuert könnt. Dabei habt ihr die Wahl aus allen Spielern, die PES 2018 bereithält.

Interessant dürfe für die meisten Fußball Fans auch der MyClub Modus sein, der ähnlich wie das Ultimate Team von Fifa funktioniert und euch dazu animiert mit Spielerfolgen und ein wenig Glück euer ganz eigenes Top- Team auf die Beine zu stellen. Hierzu verwaltet ihr euren Club und versucht mit verschiedenen Agenten neue Spieler an Bord zu holen. Anders, als in Fifa öffnet ihr hierfür keine Packs und erhaltet Karten, sondern wählt per Zufall einen farbigen Ball aus, der jeweils einen Spieler enthält. Je nach Farbe des Fußballs sind unterschiedlich starke Spieltypen enthalten, die sich auf auf die Taktik eures Trainers einstellen müssen.

Der Modus bietet, trotz der starken Ähnlichkeit zu FUT, etwas mehr Tiefe, ist aber auch nicht sonderlich leicht zu verstehen. Hier hat Konami es ein wenig versaut den Modus und seine Besonderheiten detaillierter zu erläutern, wodurch sich das Eingewöhnen ins Konzept anfangs ziemlich schwierig erweist. Abseits dieser beliebten Spielmodi, hält PES aber noch weitere parat. So lassen sich zum Beispiel auch kleine Turniere mit Freunden veranstalten (Offline, sowie Online) und kurze Freundschaftsspiele absolvieren. Wer gar die Realität nachbilden möchte, wirft sich direkt in die Champions- oder Europa League, um dort mit einem der lizenzierten Mannschaften ins Finale zu kommen. An dieser Stelle punktet Konami damit, dass sie alleiniger Inhaber der Champions League Lizenz sind und somit alle Sounds, Logos und Intros verwenden dürfen.

Das sorgt für einen Atmosphäre- Schub. Leider sieht es ansonsten an der Lizenzfront etwas dürftig aus. Hat sich doch EA dieses Jahr wieder fast alle Lizenzpakete sichern können, wodurch wir in PES wieder auf die Bundesliga verzichten müssen und auch einige Teams wie Manchester City und Real Madrid nicht mit realen Namen vertreten sind. Aber immerhin lassen sich Premiere League, Ligue 1 und LaLiga Santander überhaupt in der Riege anwählen.

Aus Deutschland finden sich dagegen nur Dortmund, Schalke und Leibzig ein, was doch sehr schade ist. Dafür sind aber immerhin alle wichtigen Nationalteams mit ihren realen Spielernamen und Spielergesichtern vertreten, wodurch ihr auch die Deutsche Nationalelf mit Original getreuen Auftreten steuern dürft. Neu hinzugekommen ist auch das 3 vs 3 Online Match, was eine erfrischende Neuerung ist. Für Langzeit-Spaß sollte also bei PES Jüngern gesorgt sein.

Animierte Kicker! Wow!

Technisch hat sich in PES 2018 einiges getan, was nicht immer sofort ins Auge fällt. Erst bei genauerer Betrachtung fällt auf, wie viel Detailarbeit in das Game geflossen ist. So sind die optisch aufgehübschten Wetterbedingungen nicht nur visuell sehr gut umgesetzt, sondern haben tatasächlich auch Auswirkungen auf den Verlauf der Partie.

In einem Spiel ist mir dies besonders positiv aufgefallen, als ich mit Iniesta einen leichten Ball abfangen wollte, aber durch den nassen Rasen ins rutschen kam und der Spieler so in den Mann gerauscht ist. Natürlich gab es direkt einen Freistoß, was im Kontext der regnerischen Situation sehr interessant war. Die Umgebungsbedingungen sind eben genauso wichtig  und Spielbestimmend wie das Talent des Spielers selbst und das wirkt sich in PES endlich auch mal aus. Ob ihr nun im Regen, bei Sonne oder mit kurzen/langen Rasen spielt, all dies ist entscheidend.

Auch an den Bewegungen der Fußballer wurde wieder herumgewerkelt, wodurch leichte Verbesserungen deutlich werden, die den Ablauf einer Animation natürlicher aussehen lassen. Allgemein ist PES, was die Animationen angeht wieder oben auf. Viele Armbewegungen, Annahmen mit der Brust oder feinfühlige Dribblings sind noch einen Ticken lebensnaher und machen den virtuellen Sport zu etwas ganz Besonderen, da auch das Ansehen von Wiederholungen unterhalten kann. Die Optik hat auch noch mal einen Schritt nach vorne gemacht und hält einige wirklich gut ausmodellierte Leute parat. Zudem wurde ordentlich an der Atmosphäre gewerkelt.

Einige Stadien wie die Anfield Road oder Signal Iduna Park sehen hier fantastisch aus. Die neuen Führungen durch den Spielertunnel vor Anpfiff sehen sehr realistisch aus und zeigen, wie originalgetreu Fußballspiele heutzutage umgesetzt werden können. Optisch weniger gelungen sind nur die Menüs, die fast gänzlich aus den Vorjahren übernommen wurden. Auch Modi wie die Meisterliga oder “Werde zur Legende” werden wenig spektakulär inszeniert. Aber das ist letztlich wohl schon fast egal, wenn man sieht wie stark PES sich in diesem Jahr aber auf dem Feld präsentiert.

Auch Soundtechnisch hat sich etwas getan. Durch die Lizenzvereinbarungen mit einzelnen Vereinen wie Dortmund, Liverpool und Barcelona hat man authentische Fan- Gesänge ins Spiel eingebaut, was zu mehr Atmosphäre sorgt. Auch die musikalische Untermalung in den Menüs ist passend und setzt auf eine nette Song- Auswahl, die zu keiner Zeit störend klingt. Leider lassen sich diese positiven Äußerungen nicht über den Kommentar einbringen, denn das Duo aus Hansi Küpper und Marco Hagemann ist wieder so schwach, wie eh und je. Seitdem Marco Hagemann hinzugekommen ist, scheint sich PES in dieser Hinsicht sogar noch verschlechtert zu haben, denn viele Situationen sind einfach emotionslos eingesprochen.

Wenn im Finale eines Turniers in der 90min ein Tor fällt, sollte der Kommentator nicht so klingen, als würde er das Telefonbuch vorlesen. Da kann man getrost den Kommentator ausschalten und lieber den Stadion- Sounds lauschen, die mehr den realen Fußball wiedergegeben. Insgesamt ist die Soundseite aber besser, als in den Vorjahren. Audiovisuell macht PES also einen Schritt nach vorne, Konami sollte aber dennoch mal am Deutschen Kommentar arbeiten, denn in Wirklichkeit ist Marco Hagemann schließlich auch unterhaltsam. Es kann also nicht gänzlich nur an ihm legen. Hier muss das Tonstudio ran.

Eine kleine Kritik Richtung des Online Modus muss ich leider auch noch richten. Zwar hat Konami offenbar am Netcode gearbeitet und Partien laufen nun endlich ohne Verbindungsbrüche ab und haben auch keinerlei Grafikunterschiede mehr zum Singleplayer, doch ist ab und zu ein spürbarer Input-Lag vorhanden, der in einigen Szenen druchaus relevant sein kann. Trotzdem lässt sich sagen, dass Konami am Online Modus gearbeitet hat und endlich eine Entwicklung zu bemerken ist. Insgesamt bleiben also kleine Technik- schwächen, die sich im Sound und Netzcode abzeichnen, doch die Ausarbeitung der Spieler und die allgemeine visuelle Darstellung ist inzwischen fantastisch.


Vielen herzlichen Dank an Konami und deren PR-Agentur NEUKOM GmbH für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares von PES 2018:)


Pro Evolution Soccer 2018 ©2017 Konami Digital Entertainment Published by Konami Digital Entertainment BV, Developed by Konami Digital Entertainment Co., Ltd.