Was für eine dramatische Wendung. Saitama, Held aus zahlreichen Geschichten scheint niemand zu kennen! Zumindest wenn es nach dem Titel des Videospiels aus dem Hause Bandai Namco geht. Ob ihr den Kerl also selbst getrost vergessen dürft, verrate ich euch im Test…

Jump Force trifft One Punch Man?

Der Markt für Anime Umsetzungen ist seit einigen Jahren wieder stark besetzt. Fast monatlich scheint ein neues Videospiel zu einem beliebten Franchise zu erscheinen. Dazu zählt nun auch der Shonen- Hit One Punch Man von Schöpfer ONE, der hier eine astreine Dragon Ball / Naruto Parodie auf Fans des Genres losließ. Seit der Erstpublikation im Jahre 2009 erfreut sich die Superhelden Fantasy großer Beliebtheit und gehört neben My Hero Academia ohne Zweifel zu den Besten Vertretern seiner Gattung.

Nicht verwunderlich also, dass sich Bandai Namco Entertainment auch hierfür die Lizenz sichern ließ, um uns Spielern weltweit die Kontrolle über die Helden zu geben. Mit dem Hype im Rücken soll nun also Spike Chunsoft den Anime- Figuren im Spiel Leben einhauchen. Diese waren zuvor schon mit dem Anime Brawler Jump Force beauftragt worden und lieferten dabei ein durchaus ansehnliches Ergebnis ab. Das merkt man One Punch Man: A Hero Nobody Knows in so mancher Hinsicht auch deutlich an.

Denn spielerisch orientiert man sich schon stark an der Massenkeilerei der Shonen- Jump Helden. Im gleichnamigen Spiel zur Superhelden Schlacht, schlüpft ihr darum auch in die Haut verschiedener Figuren des Franchises und prügelt ordentlich auf eure Kontrahenten ein. Auf eurem Weg zur Spitze der Heldenvereinigung trefft ihr dabei natürlich verschiedene Persönlichkeit der Manga Vorlage und erhaltet auch tatkräftige Hilfe von Cover-Star Saitama. Wie es sich aber zuletzt für nahezu jedes Beat’em Up / Fighting Game gehört, startet euer Abenteuer mit der Erstellung eines eigenen Charakters, den ihr über einen recht simplen Editor bearbeiten dürft. Die Wahl der Haarform, Farbe, Gesichtsmerkmale und Kleidungsstücke sind eher dürftig. Was hier jedoch noch sehr übersichtlich ausfällt, wird im Laufe der Kampagne durchs Absolvieren der Missionen aber weitaus umfangreicher. Zwar bleibt der Editor recht einfach gehalten, doch gibt es immerhin einiges an freischaltbaren Extras zu entdecken.

Anschließend geht es also in die kunterbunte Anime-Welt, in der wir für die Heldenvereinigung Aufträge annehmen und uns gegen die Supermächte der Bösen in den Kampf wagen. Wie in Jump Force oder zahlreichen weiteren Spielen aus dem Manga Kosmus, verfolgt ihr eure Figur aus der 3rd Person Perspektive und geleitet ihn so durch die Semi-Open World, die Entwickler Spike Chunsoft hier erschaffen hat. Dabei hat man sich augenscheinlich auch sehr strikt an die Vorlage gehalten, um Bereiche des Anime/Manga einzubinden. In den Straßen lassen sich zahlreiche Shops, Bürger und Sammelbares finden. Die kleinen Teilbereiche der Spielwelt abzulaufen wird aber ehrlicherweise schon schnell öde, weil sie trotz der vielen Charaktere, recht leer erscheint.

Die meisten Labertaschen, denen ihr begegnet, faseln nur irgendwelchen inhaltlosen Monolog oder schicken euch auf eine Laufmission. Die Mehrheit dieser Nebenaufgaben lässt sich durch NPC’s auslösen oder durch das Aufsuchen des Hauptquartiers der Heldenvereinigung, für die es Schurken zu bekämpfen gilt. Nach einigen Ladepausen findet ihr euch dann in einem Dialog mit dem Bösewicht wieder und versucht ihn anschließend auf die Bretter zu hauen. Auf große Abwechslung verzichten die Entwickler hierbei leider gänzlich. Zumeist fühlt es sich an wie stupides Abarbeiten von Missionen, um euren Rang zu erhöhen und eure Fähigkeiten zu steigern. Leider bleibt dabei auch meist der alberne Witz der Manga Vorlage auf der Strecke, was für die Dialoge nicht gerade vorteilhaft ist.

Ein Hobby-Held für wirklich Alle(s)!

Wie man einen spielbaren Anime schafft, hat Bandai Namco in Kooperation mit CyberConnect 2 ja erst im Januar mit Dragon Ball Z: Kakarot bewiesen. Dies ist Spike Chunsoft dagegen mit One Punch Man nicht gelungen. A Hero Nobody Knows fühlt sich eher wie ein klassisches Beat’em Up an, dem man zwangsweise eine Semi-Open World und RPG- Elemente aufgebrummt hat. Alles handwerklich durchaus solide, aber eben auch nicht groß erwähnenswert, was die Missionsvielfalt betrifft.

Aber ihr könnt natürlich auch die Freizeit zwischen den Quests dafür ausnutzen, um euch in den Shops neue Fähigkeiten, Kleidung oder sogar Möbel zu besorgen. Denn bei Bedarf kann auch euer kleiner Heldenraum umgebaut und neu gestaltet werden. Was aber wohl den größten Anteil des Spiels ausmacht, sind die krassen Anime- Kämpfe, die man aus der Vorlage an ziemlich imposantes und übertriebenes Action Spektakel gewohnt ist. Und damit wären wir schließlich auch beim Hauptteil vom Spiel angelangt – Den überzeichneten Kämpfen zwischen Helden und Schurken.

Hierzu wählt ihr für eure erstellte Figur einen geeigneten Kampfstil aus und wertet ihn anschließend mit erfolgreichen Siegen auf. Die erlangten EP lassen sich dabei sehr frei verteilen, sodass hier schon etwas mehr Varianz aufkommt. Die Kampfmechanik selbst lehnt sich stark an die etablierten Ultimate Ninja Storm- Formel und lässt euch in 3D Arenen gegen eure Feinde einige spaßige Duelle ausfechten. Allerdings wirken die Arenen doch recht schmal für die ausufernden Supermanöver der Charaktere. Eine Ausweitung des Levels wie in DBZ: Kakarot fällt also flach. Stattdessen bewegt ihr euch mehr in einer Art unsichtbaren Ring umher und kloppt so auf eure Gegner ein. Etwas ungelenk wirkt die Kampfmechanik dabei jedoch schon. Denn das Kombinieren von Ausweichrollen, Abwehr und offensiven Angriffen wirkt nicht sehr kontrolliert. Es fühlt sich tatsächlich manchmal so an, als würde man wahllos auf die Buttons drücken, um irgendeinen Move auszulösen.

Denn mit willkürlichen Tritten, Schlägen, Würfen oder Superangriffen per Button- Mashing die Schurken zu verprügeln klingt nicht gerade nach einem motivieren Spielverlauf. Zudem hat es Spike Chunsoft bei der Aufsteh- Animation übertrieben. Diese dauert gefühlt viel zu lange und sorgt dafür, dass man aus dem Spielfluss gerät. Eine willkommene Abwechslung sind aber die zeitweise auftretenden Events, die spontan ein Spielereignis auslösen und schon mal einen Sturm heraufbeschwören. Das ist eine durchaus nette Ergänzung für das ansonsten doch recht repitetive Gameplay. Darüberhinaus ist auch die Wirksamkeit euer Teamkollegen sehr cool eingebunden. Denn in bestimmten Situationen eilen euch eure Kollegen aus der Heldenvereinigung zur Hilfe und sorgen für einen frischen Anstrich des Matches.

Was auch gelungen ist, ist die Einbindung von Saitama, der einfach mal schnurstracks mit einem Schlag die Feinde ausschaltet. Eben haargenau so, wie man den Glatzköpfigen Kerl aus dem Anime kennt. One Punch Man: A Hero Nobody Knows hat also durchaus seine Momente und netten Ideen, die das Spiel für Fans sicherlich unterhaltsam machen können. Die Erstellung eines eigenen Helden, die Semi-Open World mit einigen Anime Sehenswürdigkeiten und natürlich die Vielzahl an Helden & Schurken des Universums. All das zusammengenommen, ergibt ein durchaus solides Fan-Projekt.

Was dem Spiel aber fehlt ist eine eigene Identität. Fast alles hat man in gleicher oder ähnlicher Form schon zur Genüge in den Anime Lizenz-Umsetzungen zur Gesicht bekommen. Vielleicht hätten sich die Entwickler lieber auf die gängigen Fighting- Mechaniken konzentrieren und dem Spiel die Rollenspiel- Elemente entziehen sollen. Denn die eingestreuten Nebenmissionen, bei denen ihr den Boten mimt, machen nicht unbedingt Spaß. Schon gar nicht, wenn ihr viele Objekte nur 20 Meter weit tragen müsst, um die Aufgabe zu erfüllen. Auch Fans der Vorlage dürfte das Herumlaufen und Texte lesen in keine Luftsprünge versetzen. Offenbar ist euer Held einfach für alles zu haben.

Neulich im gemütlichen Heldenbüro…

Was aber durchaus als erfreulich anzusehen ist, wird die Auswahl an Modi sein. Denn neben dem obligatorischen Storymodus, der auch sehr nette Anime-Szenen enthält, dürft ihr euch auch im Versus Modus mit einem Freund oder KI-Kollegen prügeln, sowie euch im Multiplayer gegen verschiedene Helden/Schurken wehren. Dabei ist es freigestellt, ob ihr in Teamduellen agiert oder euch lieber im Laufe des Spiels von einem Helden retten/supporten lässt. Die Auswahl der Figuren ist hier auch ziemlich breitgefächert und motiviert zum Weiterspielen, da ihr ja als Fan alle Charaktere freischalten wollt.

Interessant ist überdies auch der freie Zugang zur Lobby, in der sich zahlreiche andere Helden tummeln. Wie schon in Dragon Ball: Xenoverse teilt ihr den Server mit anderen Spielern weltweit und könnt mit ihnen interagieren bzw. sie auch zum Duell herausfordern. In euren Helden Alltag sind also auch eure Mitstreiter im Auftrag der Vereinigung unterwegs und warten, komischerweise, direkt im Hauptquartier auf eure Herausforderung. Wieso euer Büro so stark mit anderen Helden überfüllt ist, sollte man wohl nicht hinterfragen. Immerhin wollen sie auch nur kämpfen, oder? Das wiederum funktioniert durchaus gut und ist eine positive Ergänzung des Spielsystems.

Ich schätze mal, dass der Online Multiplayer auf Lange Sicht wohl auch die meiste Laune bringen wird, da man sich hier nicht mit der relativ dummen KI auseinandersetzt, sondern mit realen Gegnern und Fans der Vorlage, die sich mit den Heldenkräften bestens auskennen. Zum Schluss leider noch eine etwas weniger erfreuliche Sache: Die technische Seite ist ziemlich mittelmäßig. Obwohl die Effekt-Palette und Inszenierung gelungen erscheint und auch die Charaktermodelle sehr detailliert und ansehnlich wirken, ist die restliche Optik nicht gerade berauschend. Das Spiel wirkt teilweise sehr niedrig aufgelöst, hat eine geringe Texturqualität und einen unbrauchbaren Anti- Aliasing Filter. Dazu kommt eine recht unsaubere Bildrate, die in so manchen Matches für unweigerliche Ruckelpartien sorgt, die man in Fighting- Games eigentlich vermeiden sollte.

Versteht mich nicht falsch – Das Spiel ist nicht vollends eine Grafiknull, aber man hätte sicherlich mehr herausholen können. Im Direktvergleich mit DBZ: Kakarot oder dem fantastischen Naruto Ultimate Ninja Storm wirkt das Gebotene nämlich umso schwächer. Dafür ist aber der Sound gut eingebunden und hat nette passende Melodien & Soundeffekte zu bieten. Abgesehen davon ist die Inszenierung der Kampfszenen fast wie im Vorbild nachempfunden, was für coole Szenen sorgt. Von der Grundidee her fügt sich das Spiel auch nahtlos und perfekt in den Manga ein. Schließlich startet man als neuer Held, der sich mit alltäglichen Aufträgen hinaufarbeitet, während man im Verlauf der Handlung auch genügend Persönlichkeiten der Vorlage trifft. Es ist schon schade, wenn man merkt, dass der Titel an seinen eigenen Möglichkeiten scheitert dem Genre mal einem 3D Anime Prügler zu schenken, der mehr Tiefe bietet.


Vielen herzliche Dank an Bandai Namco Entertainemnt für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares von One Punch Man: A Hero Nobody Knows:)


Bildmaterial: ©2010 – 2020 BANDAI NAMCO Entertainment Europe S.A.S