Entwickler Level-5 und Bandai Namco lassen den Nachfolger des gefeierten Ni No Kuni auf die Spielerschaft. Ob neben Anime Fans auch RPG Liebhaber Spaß am Spiel haben können, verrate ich im Test…

Mäuseaufstand in Katzbuckel!

Im Königreich Katzbuckel haben sich die Mäuse- und Rattengemeinde versammelt, um einen Putschversuch zu wagen, der den jungen König Evan vom Thron stößt. Das fantasievolle Reich scheint durch Mithilfe der bösen Mächte dem Untergang geweiht.

Zeitgleich landet Roland in diesem Königreich, der sich selbst zuvor als Präsident seines Landes einer Katastrophe ausgesetzt sah. Als hier eine Explosion am Horizont erscheint, fällt Roland in Ohnmacht und erwacht in Mitten des Putschversuches, weshalb er sich kurzerhand dem jungen Evan anschließt, um gemeinsam mit ihm das Unheil abzuwenden. Auf ihrer außergewöhnlichen Reise begegnen die zwei neuen Kammeraden und versuchen ein Königreich zu errichten, das ohne Leid und Hass auskommt. Werden sich ihnen die Bewohner des Fantasy-Reichs zuwenden und Seite an Seite gegen die dunklen Mächte antreten? Und kann Evan letztlich als König überzeugen?

Auch wenn die anfängliche Geschichte nicht unbedingt einen Award verdient, was den Auftakt angeht und viel zu träge erzählt wird, wirkt die märchenhafte Aufmachung sehr ansprechend. Die Autoren erschaffen in kurzer Zeit ein authentisches Universum, das fast wie ein spielbarer Animationsfilm ist. Trotzdem sollte man als Fan von Story- getriebenen RPG’s nicht unbedingt ein Meisterwerk erwarten. Viel zu langsam kommt das Storytelling hierfür in die Gänge. An sich ist die Geschichte aber durchaus interessant gestaltet. Als Anime Fan habe ich mich anfangs tatsächlich ein wenig an eine kindliche Fassung von The Heroic Legend of Arslan erinnert gefühlt. Nur mit Katzen, Mäusen und Menschen.

Die Rückkehr der Klassiker!

Mit Ni No Kuni 2 erschafft Level-5 ein märchenhaften JRPG, das leichte Zelda- artige Züge besitzt und zeitgleich verschiedene Genres geschickt verbindet. Als frisch gebackener Thronfolger ist es an Evan den Frieden zurück ins Land zu bringen und auf seiner abenteuerlichen Reise die feindlichen Besatzer zu vertreiben, die den Putschversuch gestartet haben. Spielerisch heißt dies für euch die Weltkarte zu erschließen und zahlreiche Aufträge zu bewältigen.

In typischer Rollenspiel- Manier gilt es Kämpfe zu bestreiten, Waffen zu craften und den Bürgern des Reiches zu helfen. Wie schon in klassischen 16Bit RPG’s schleicht ihr über eine Oberweltkarte, die unterschiedliche Orte und Dungeons verbindet, die es für Haupt- Spezial und Nebenaufgaben zu erreichen gilt. Ihr reist also über die Ländereien und versucht die dunklen Mächte zu vertreiben, die so langsam das fantasievolle Reich überschatten. Glücklicherweise haben die Entwickler eine durchaus gute Schnellreisefunktion integriert, mit der ihr problemlos weite Wege beschreiten könnt. Hierzu betätigt ihr einfach Teleportationsportale, die überall in den Arealen verteilt sind und nutzt diesen “Kontrollpunkt” als angepeiltes Ziel.

Kurz das Menü aufgerufen und schon lässt sich Evan’s Truppe komfortabel von einem Ort zum nächsten bringen. Die Spielwelt selbst ist Level-5 auch wieder außerordentlich schön gelungen und überzeugt mit ideenreichen Kulissen. Schon allein die Stadt Goldorado mit ihren Wettschulden, die dem Gesetz nach alles per Würfelwurf regelt, ist ein schönes Beispiel für die kreative Ader des Studios, die locker an Glanzzeiten der früheren Disney Animationsfilme heranreicht. 

Ein König hat viele Aufgaben!

Zu Beginn lässt euch das Rollenspiel allerdings wenig Freiraum und schickt euch strikt in die facettenreichen Areale, um feindliche Monster zu beseitigen und mit Botenaufträgen neue Anhänger für euer Königreich zu gewinnen. Erst nach einigen Stunden öffnet sich das Spiel und der “wahre” Kern blüht auf. Ni No Kuni 2 zeichnet sich dann stark durch sein abwechslungsreiches Gameplay aus, das verschiedene Genres einbindet. Fortan ist es euer Ziel ein neues Königreich für Evan zu errichten und den Stadtkern Minapolis auszubauen. Ein Kernelement stellt hierbei der Strategie Part dar, der es euch ermöglicht mit Truppen in die Schlacht zu ziehen und langsam die Eroberer zu vertreiben.

Vor jedem Feldzug überprüft ihr die feindliche Truppenstärke, verpasst euch mit Königsmünzen selbst ein paar Boni und schickt eure Feldherren schließlich übers Schlachtfeld. Als König Evan führt ihr die Truppe hierbei mit den Analogsticks über das breite Areale und lasst sie auf anstürmende Feinde treffen. Dabei gilt es allerdings zu beachten welches Team gerade die Überlegenheit inne hat. Die Entwickler setzen nämlich bewusst auf ein klassisches Schere-Stein-Papier Prinzip, das Vor- und Nachteile für verschiedene Soldaten-Klassen hat.

Zeitgleich dürft ihr mit den Truppenpunkten auch die Spezialfähigkeiten eures Truppenführers einsetzen, die entweder Luftschläge anordern oder eure Feinde kurzzeitig außer Gefecht setzen. Habt ihr euch den Weg frei gekämpft, wartet zum Ende hin meist noch ein härterer Trupp auf euch, den es zu vertreiben gilt. Hiernach hagelt es Punkte und ein Sieg bringt euch näher ans Scheitern des feindlichen Putschversuches. Zeitgleich müsst ihr aber auch weiterhin euer Königreich im Blick behalten, das einen gewichtigen Teil des Spiels einnimmt.

Über ein Menü schaltet ihr hier mit erspielten Königsmünzen neue Gebäude frei, die euch wiederum einen Vorteil im Feldzug verschaffen. Ob ihr hierbei lieber in eine Waffenwerkstatt investiert, um die Kriegsforschung voranzutreiben, Erntefelder anpflanzt oder das Magielabor für Zauberlehre erweitert, ist selbstredend euch überlassen. Es sollte jedoch stets die perfekte Balance gehalten werden, um euch im Kampf genügend zu stärken. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit neue Kochrezepte zu sammeln und sie eurem Restaurantbesitzer zu überlassen, der mit den gewonnenen Erkenntnissen wichtige Nahrung herstellt.

Teilweise werden diese Kochkünste auch für Nebenaufträge benötigt, die euch das Fortkommen erleichtern. Schließlich wollt ihr doch möglichst viele Bewohner des Landes auf eure Seite ziehen, die dann in eurem Königreich arbeiten können und so die Wirtschaft ankurbeln. Immerhin sorgt ein florierendes Geschäft dafür, dass neue Königsmünzen in euren Besitz gelangen, die ihr wiederum für den Ausbau des Königreiches und die Stärkung eures Militärs benötigt. Die Gameplay Elemente aus Rollenspiel, Taktik- Strategie und Aufbausimulation greifen also ziemlich gekonnt ineinander. Abgesehen davon sind auch Rätsel eingebunden, die kleine Kopfnüsse der Marke Zelda darstellen.

Auch all die winzigen popkulturellen Anspielungen (Fähigkeit “Vom Winde verweht” / Mech-Book), die das Spiel einstreut, sind richtige Unterhaltung und geben Ni No Kuni so viel mehr Persönlichkeit, als es viele Konkurrenten besitzen. Ein Makel am Spiel zeigt sich nur am viel zu ausgeprägten RPG System, das euch zahlreiche Missionen aufdrückt, die zu langatmig ausfallen. Dies ist oftmals ein Problem in Videospielen, doch gerade in Ni No Kuni 2 fällt dieser Umstand ziemlich negativ auf. Einige Hauptaufträge sind zwangsweise mit Spezialaufträgen verbunden, die einem gehörig auf das Nervenkostüm gehen, da sie nur aus ellenlangen Botenaufträgen und Sammelmissionen bestehen. Das Missionsdesign hätte also ruhig ein wenig spannender ausfallen dürfen.

Kampfsystem auf dem Prüfstand!

Während all diese Elemente an sich aber trotzdem sehr harmonisch eingebunden sind, hat sich Level-5 auch der größten Schwäche des Vorgänger angenommen und diese ausgemerzt. Das rundum erneuerte Battle-System setzt nun auf eine Mischung aus Echtzeit- und Runden basierten Kampfsystem, bei dem ihr jederzeit den aktiv gesteuerten Kämpfer festlegt und die KI zeitgleich die Kontrolle der restlichen Party übernimmt. Dadurch weckt Ni No Kuni 2 auch leicht Erinnerungen an frühere SNES & PS1 RPG’s, die noch traditionelle Mechaniken verwendeten.

So vermischen sich zeitweise die Tales- Reihe mit Final Fantasy und leichtem Secret of Mana Einschlag. Mit dem zielgerechten Lock- On System, den Ausweich- Kontern und zahlreichen Ausrüstungsgegenständen, die Elementmagie verteilen, zeigen sich auch Dark-Souls Light Ideen. Dazu tragen auch die furchtbar gut designten Feinde bei, die vor allem in Bosskämpfen sehr variantenreich ausfallen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Kampfmenü, in dem vorzugsweise über den Kampfequalizer verschiedene Parameter verteilen werden können.

Seid ihr euch zum Beispiel gewiss gegen ein Drachenwesen antreten zu müssen, dass eine Feuerstärke, aber eine Schwäche gegen Wasser besitzt, dann schaltet im Menü eben die richtigen Hebel in Gang. Mit einem kurzen Klick verteilt ihr eure erspielten Punkte auf die Gegnerform und Element Vor- und Nachteile. Mit diesem Konzept lassen sich auch starke Feinde mit Leichtigkeit besiegen, was noch einen ordentlichen Taktikschub bringt. Die Kämpfe selbst finden dabei meist im Feld selbst statt, wie man es aus aktuellen RPGs wie Xenoblade gewohnt ist. Auch hier grenzt eine Linie das Kampffeld ab, in dem ihr euch frei bewegen und eure Waffen nutzen bzw. Magie wirken könnt. Allerdings gilt dies vorrangig für die Dungeons, die ihr zum Aufleveln und Bewältigen eurer Missionen betretet. Ein Unterschied zeigt sich derweil beim Abgrasen der Oberwelt.

Landet ihr hier in der Nähe eines Feindes, wird ein separater Kampfbildschirm ausgelöst, den ihr nicht verlassen könnt. Dieser Wechsel zeigt sich auch beim Charakter- Design selbst. Seid ihr in Dungeons, Städten oder Häusern unterwegs, zeigen sich eure Helden als schick ausgearbeitet 3D Modelle, während sie beim Betreten der Oberwelt in einen schlichten Chibi- Look versetzt werden. Wie aus Animes gewohnt, haben die Figuren fortan überdimensional große Köpfe und sind optisch verfremdet. Die Feinde bleiben aber in beiden Fällen sichtbar, was Zufallskämpfe ausschließt.

Auch die Kampfarenen selbst sind jedes Mal in 3D Optik gehalten. Obwohl sich Ni No Kuni 2 also sehr klassisch anfühlt, zeigt sich das Spiel in dieser Hinsicht moderner, was durchaus positiv zu verstehen ist. Eine hilfreiche Ergänzung in eurem Kämpfen sind die Gnuffis, die euch manuell unterstützen können. Diese kleinen Wesen fungieren somit als Supporter und ziehen mit ihren Spezialfähigkeiten auch die Aufmerksamkeit der Feinde auf sich.

Schön wie ein Animationsfilm!

Eine große Stärke von Ni No Kuni 2 ist sicherlich die optische Präsentation, die nahezu perfekt das Gefühl eines Animationsfilmes aus Japan einfängt. Das Videospiel wurde traumhaft schön animiert und erinnert zeitweise auch an klassische Disney Filme der Vergangenheit.

Das fängt schon bei der fantasievollen Gestaltung der Bevölkerung an, die sich meist aus Tierwesen und Menschen zusammensetzt. Mit Mäusen und Ratten, die als Gefolgsleute einen Putschversuch wagen und einem Prinz, dem Katzenohren wachsen, zeigt sich hier sicherlich ein sehr interessantes Bild. Diese bunt gewürfelte Mischung zeugt von allerlei Kreativität und lässt sich vermutlich ein wenig von Der Junge und das Biest inspirieren. Auch ansonsten weiß das Videospiel visuell zu gefallen und hält fantasievolle Szenerien bereit, die voller Detailreichtum stecken.

Zudem ist das Fantasy RPG auch noch sehr sauber animiert wurden, was besonders in unwichtigen Momenten wie dem Herunterlaufen einer Treppe auffällt. Jede Fußbewegung fühlt sich authentisch eingefangen an. Anders als in vielen Konkurrenzprodukten scheint der Protagonist mal nicht über die Treppenstufen zu schweben, sondern jeden Schritt einzeln zu nehmen. Diese kleinen Animationsphasen fallen sicherlich kaum beim Spielen auf, beweisen aber wie viel Arbeit letztlich in dieses Werk gesteckt wurde. Es ist auch schön zu sehen wie fließend der Perspektivenwechsel funktioniert, der wohlige Nostalgie weckt. Schließlich erinnern die Sequenzen in der Oberwelt an zahlreiche Klassiker der Marke Secret of Mana, Chrono Trigger oder Final Fantasy.

Die abwechslungsreichen Areale tragen da nur zum glänzenden Gesamteindruck bei. Grafisch ist Level-5 – auch ohne Studio Ghibli – ein zweifelsfrei wunderschönes Werk gelungen, das sich nicht hinter visuellen Meisterwerken wie dem letztjährigen Persona 5 verstecken muss. Auch Sound- technisch bewegt sich Ni No Kuni 2 auf exzellentem Niveau. Die schönen Melodien laden zum träumen ein und wecken angenehme Zelda Gefühle. Die märchenhafte Welt wird mit eingängigen Songs unterlegt, die sich leicht mit den atmosphärischen Zelda Klängen messen können. Wer Nintendo’s Vorzeigemarke wegen seiner audiovisuellen Leistung liebt, dem wird auch Ni No Kuni 2 gefallen.

Einziger Kritikpunkt in der Sound- Abteilung ist die viel zu gering ausfallende Synchronisation. Viel zu oft verfällt das Spiel in ellenlange Textboxen, die nicht vertont wurden, sondern nur mit nervigen Lauten der Charaktere unterlegt werden. Auch der abrupte Wechsel zwischen kurzen Zwischensequenzen, die voll vertont wurden und wenig spektakulären Gesprächen ohne Sprachausgabe, wirkt wenig gekonnt. Hier zeigt sich das Rollenspiel schließlich doch von einer schlechten Seite und baut zu sehr auf Nostalgie. Abgesehen davon scheint der Titel audiovisuell aber ein wirklich schönes Werk geworden zu sein.


Vielen herzliche Dank an MSM Communications GmbH und Bandai Namco für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares von Ni No Kuni 2: Schicksal eines Königreichs für die PS4:)


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