Wenn sich die fesch gestylten Manga- Helden zum Ultimativen Kampf zusammenschließen, kann nur das Weekly Shōnen Jump Magazine im Fokus stehen. Ob der verrückte Shōnen- Schaukampf von Bandai Namco Entertainment ein Must-Have für Anime Fans ist, verrate ich im Test…

Showdown der Manga-Stars!

Die illustre Welt des Anime & Manga Kosmus begleitet viele Menschen schon seit ihrer frühsten Kindheit. Einen großen Anteil hieran hat das Weekly Shōnen Jump Magazin, das seit jeher für die knallig bunten Kämpfe von Son Goku, Naruto, Ruffy & Co. sorgt.

Zum Firmeninternen Jubiläum treffen nun die bekanntesten Helden in einem effektvollen Crossover- Fighter aufeinander. Pünktlich zur Feier des Tages versammelt Bandai Namco Entertainment daher alle Shōnen Lieblinge und lässt Fans weltweit eine epische Schlacht erleben. Für eine ordentliche Anime Keilerei sollte also besten gesorgt sein. Mit mehr als 40- Charakteren und einem Effektgewitter, wie es für Dragon Ball und Co. gehört, klingt das Figthing Game zumindest auf dem Papier schon mal einer nach einer Menge Unterhaltung. Fragt sich nur, ob der erbitterte Wettstreit auch spielerisch überzeugen kann.

Als indirekter Nachfolger von J-Stars Victory Vs+, das ebenfalls über Bandai Namco erschien, steuern sich die Helden gewohnt intuitiv und lassen sich schnell die Supermanöver entlocken. Der überzeichnete Prügler zeigt hier hierbei aber auch wieder auf eine Art & Weise, wie sie wohl nur beinharten Japan- Fans gefallen dürfte. Die Ikonen des Weekly Shōnen Jump knallen sich im Sekundentakt die Spezialangriffe um die Ohren. Schon hier wird klar, wie überaus japanisch die Kämpfe inszeniert werden. Die Bildschirmfüllenden Energiewellen lassen die Kulissen erbeben und die Kleider der Helden zerfetzen. Da wird auch schnell mal Goku’s Genkidama zur Nebensache, wenn Ichigo sein Zanpakuto auspackt und seine Shinigami Kraft entfesselt. Hier wird also so einiges geboten, was aber leider nicht auf die Geschichte zutrifft.

Die klassische Shōnen Rezeptur!

Weshalb die vielen Shōnen- Welten letztlich zusammengeführt werden, ist nämlich eher nebensächlich und zeugt nicht unbedingt von einer durchdachten Super- Geschichte. Wer jemals eine Storyline von Dragon Ball, Naruto oder One Piece verfolgt hat, fühlt sich hier schnell heimisch. Denn so ziemlich jede Struktur, die aus einem Shōnen bekannt ist, wird auch hier aufgeführt, um die schillernden Heldentruppen ins Spiel zu bringen.

Zeitweise wirkt all dies so willkürlich erzählt, dass man leicht die Augen rollt, wenn Vegeta mal wieder durch eine dunkle Macht zum Bösewicht mutiert oder Sanji den fülligen Frauen schöne Augen gemacht. Die Simplifizierung der Geschichte ist aber gar kein so großes Makel. Schließlich ist man es als langjähriger Fan der wilden Kämpfe kaum anders gewohnt. Da macht man dann auch keinen Hehl mehr draus, wenn sich Ryuk & Izuku mal den Raum teilen oder Rukia Kuchiki auf die Piratenbande trifft.

Ja, J-Force klingt von der ersten Sekunde an wie ein Fiebertraum eines Fanboys, der sich kurzerhand gedacht hat “Bringen wir doch mal alle Helden in eine Arena! – Warum? Na wegen komplexer Umstände, die uns… Ach, was weiß ich denn! Trunks und Naruto sind halt da.” Aber was soll’s. Es wird wohl eh niemand eine tiefgreifende Geschichte der Marke Makoto Shinkai erwarten oder sich die emotionale Töne von Kyoto Animation Produktionen erhoffen. It’s all Fun & Games und genau dort liefert das Entwicklerstudio ab.

Als Neuling in der frisch gekürten J-Force kreiert ihr deshalb euren eigenen Helden, den ihr in einem üppig ausgestatteten Charakter- Editor gestaltet. Eure beschwerliche Heldenreise beginnt also schon mal im ausgefallenen Charakter- Bildschirm, der für Fans so einige nette Details aus Serienvorlagen bereithält. Soll’s also ein Sasuka- Klon sein, der nächste Super Sayajin mit Stachelfrisur oder tragt ihr den Kampf lieber in einem Strohutbande- Outfit aus? Vielleicht noch ein wenig Shinigami um die Szene abzurunden? Das ist freilich euch überlassen. Mit eurem Fighter stürzt ihr euch schließlich in die Schlacht und sammelt Erfahrung in verschiedenen Missionen.

Hierbei gliedert sich die Kampagne wie Dragon Ball Xenoverse, die mal mit Story- Missionen, Sammelaufgaben, Tutorial- Kämpfe oder Level basierten Aufträgen abgewickelt wird, um dabei neue Items und Equipment zu erlangen. Diese wählt ihr über die Lobby aus, in der sich zahlreiche Charaktere herumtummeln. Durch Kämpfe mit eurem Super- Manga- Überhelden levelt ihr diesen schließlich auf und gestaltet ihn zwischendurch auch um. Zwischenzeitlich erlernt ihr auch neue Super- Specialmoves, wie man sie aus den Mangas kennt. Innerhalb der Storyline tretet ihr dann Seite an Seite mit euren Lieblings- Helden der bekannten Manga Reihen an und sammelt gemeinsame Verbündete für eure J-Force. Insofern kaum Neues im Lande der Manga- Helden.

Wohin mit all den Super-Moves?!

Ignorieren wir also die oberflächliche Handlung und werfen lieber einen Blick auf die Spielmechanik. Im Kern funktioniert der Anime Prügler wie ein Mix aus Dragon Ball Xenoverse, Naruto Shippuden: Ultimate Ninja Storm  und dem Vorgänger J-Stars Victory Versus. Die Kampfmechanik beruht also auf einer simplen Button- Abfolge, mit der ihr harte und leichte Angriffe ausführt, sowie bei gedrücktem L2- Button eure Supermanöver auflädt und hinterher abfeuert.

Dazu gesellt sich die Möglichkeit in einen Erwachen Modus zu gehen, der für einige Sekunden eure Angriff- und Verteidigung erhöht oder eine extrem starke Angriffswelle ermöglicht. Dabei sollten die Werte am Bildrand immer beachtet werden. Hier erlangt ihr einen Überblick über die Treffer- Kombos und eure Energiewerte, die sich langsam erhöhen. Ihr dürft also auch gerne mal Full- Super Sayajin gehen, wenn gewollt. Wer darüberhinaus noch gekonnt agiert, kann mit ein wenig Taktik im richtigen Moment einen Charakter- Wechsel vornehmen, um so den Gegner mächtig unter Druck zu bringen oder einen gemeinsamen Angriff in die Wege zu leiten. Eure Kämpfe bestreitet ihr nämlich stets in Dreier-Teams, von denen sich aber alle drei Kämpfer eine Energieleiste teilen. Hier unterscheidet sich Jump Force also stark vom letztjährigen Dragon Ball FighterZ.

Das klingt sicherlich erst einmal kompliziert, fühlt sich im Kampfablauf aber sehr intuitiv an und sollte niemanden ein Problem bereiten. Eher im Gegenteil! Teilweise verlaufen die Kämpfe durch die Einfachheit des Spielprinzips sogar recht ähnlich. Die Grundidee dahinter wirkt aber trotzdem sehr gut durchdacht und ermöglicht es auch Fighting Game Neulingen die kraft- und effektvollen Manöver in den Ring zu feuern. Ein eSport- Kandidat dürfte zwar nicht auf euch warten, sehr wohl aber ein unterhaltsames Anime- Vergnügen. Traditionell trennen sich hier auch geschickt die potenziellen Käuferschichten und Zielgruppen.

Solltet ihr nämlich nicht bemerken wie unfassbar geil es ist mit Gaara den Namekianer Piccolo zu verprügeln, mit Yugi Muto ein klassisches Duell mit Izuko Midoriya zu führen, mit Rukia Kuchiki der wilden Boa Hancock das Oberteil zu zerknittern oder einen Schwertkampf zwischen Trunks und Aizen zu veranstalten – oder ihr ohnehin jetzt gerade nur Bahnhof verstanden habt -, dann könnt ihr das Videospiel schon mal getrost im Regal liegen lassen. Das, was Jump Force auszeichnet ist nämlich Fanservice à la carte. Wer stattdessen bei diesen möglichen Match- Konstellationen leuchtende Augen bekommt und schon allein bei der Kämpferauswahl von Asta (Black Clover), Boruto (Naruto), Vegeta (Dragon Ball), Kenshiro (Fist of the North Star) und Sanji (One Piece) sofort zum Controller greifen möchte, der kann bedenkenlos in den Laden seines Vertrauens laufen, um das Spiel zum Vollpreis zu kaufen.

Anime- Ästhetik mit 3D Polygonen!

Auch Technisch schickt sich Jump Force an die kritischen Fans zufriedenzustellen. Hierfür wurde Seitens der Entwickler auch ein sehr ungewöhnlicher Weg gewählt, um die Helden in eine 3D-Figur zu transportieren. Sicherlich ist dieser Grafikstil anfangs recht gewöhnungsbedürftig und dürfte zumindest bei Nostalgikern ein Stirnrunzeln verursachen.

Die Polygon- Optik steht dem Prügler aber ansonsten durchaus gut und erzeugt durch die intelligente Einbindung der Shader, Reflektionen und Lichteffekte einen sehr individuellen Look, der mit enormer Objektdichte überzeugt. Verglichen mit zahlreichen 3D-Modellen aus Xenoblade Chronicles konnte man hier auch die stilistische Ader der Anime wahren können. Zumal es den Entwicklern auch geglückt ist die Animationphasen sehr flüssig wirken zu lassen. Klar, ein wenig erinnern Goku & Co. mit ihren Plastik-Look zwar trotzdem an Sammelfiguren, doch dafür wirken die Charakter-Modelle immerhin nicht so befremdlich in der ziemlich detaillierten 3D- Umgebung.

Die Backgrounds haben einen fast schon fotorealistischen Antlitz und stehen den Grafiken von Final Fantasy & Co. in kaum etwas nach. Dazu kommen die knalligen Kampf-Effekte, die wuchtigen Farbexplosionen und die Partikelvielfalt, die pausenlos den Bildschirm beherrschen. Klassische Shōnen- Kulissen wie Namek und Konohagakure sehen wirklich beeindruckend schön aus und wurden perfekt in die Moderne gehoben. Vor allem diese Arenen profitieren enorm von der Bildgewalten Inszeniert. Das Art-Design ist ein echter Blickfang und verbindet Anime- Ästhetik mit realistischen Charakter-Design. Auch das visuelle Trefferfeedback ist hervorragend.

Nach einem erbitterten Gefecht sehen nicht nur die Charaktere stark mitgenommen aus, sondern auch ihre Kleidungen haben erheblich gelitten. Tatsächlich ist aber auch oftmals so viel Bewegung im Bild, dass es manchmal sehr schwer fällt das Videospiel überhaupt zu lesen. “Was geschieht da überhaupt gerade?” und “Wo is’n jetzt der Feind” schossen mir öfters durch den Kopf. Darüberhinaus wirken auch die Kämpfe nicht immer rund. Sobald das Bild voller Effekte und herum sausender Charaktere ist, sinkt die Bildrate doch leicht ein. Zumal sich die Entwickler ihre Technik ein wenig verpulvern, in dem sie die Kämpfe mit einer gehörigen Menge Blur- Effekten versehen. Vermutlich werden so ein wenig die Unsauberkeiten verborgen. Nicht die beste Lösung, aber der Verwisch- Filter geht bei der Bildpracht in Ordnung.

Was mir an der Technik allerdings missfiel sind die Gesichtsanimationen der Charakter innerhalb der Story- Cutscenes. Auch die Körperproportionen sind teilweise sehr wirr, was vor allem an Trunks auffällt, bei dem der Kopf viel zu eng an den Körper gedrückt wirkt. Ja, die Gesamtoptik ist gewöhnungsbedürftig, das lässt sich nicht abstreiten. Wer kritische Töne hören möchte, kann gerne noch die Ladezeiten hinzuzählen. Diese dauern eine gefühlte Ewigkeiten und ziehen sich wie Kaugummi. Vor Kämpfen, nach Kämpfen, vor Cutscenes, nach Cutscenes, vor dem Eintritt in die Lobby, beim Betreten des Shops, im Charakter- Editor – Ihr wisst worauf ich hinaus will.

Auf die Dauer geht der Ladewahn des Spiels gehörig auf die Nerven. Da passt es dann auch, dass die Übersicht in der Lobby echt katastrophal ist. Die Handhabung der Mini-Map und der Menüstruktur ist viel zu umständlich, um schnell mal ein paar kurze Story- Kämpfe zu führen. Was mir übrigens auch auf den Senkel ging, war die ständige Einblendung man habe nun eine gesperrte Szene betreten bzw. wieder verlassen. Ist ja in Ordnung, wenn Entwickler bestimmte Story- Szenen schützen möchten, doch wenn eine Cutscene nur ca. 30-60 Sekunden andauert und durch Ladezeiten dann auch noch mehrere verbunden werden, ist das tatsächlich ein nerviges Ding.

Was die Kämpfe angeht, so könnte sicherlich auch noch ein bisschen an der Spielbalance gewerkelt werden, doch die meiste Zeit macht das Spiel trotzdem Spaß. Kurz zusammengefasst – Balancing-Probleme, Geringe FPS, Kantenflimmern, ständige Ladevorgänge, nervige Einblendungen, komischer Blur-Effekt und seltsame Gesichtsanimationen, und trotzdem gut? Ja. Das kann gehen. Jump Force überzeugt nämlich als unheimlich spaßiges Fanprojekt. Wenn Bandai Namco Entertainment zusätzlich noch ein paar Kämpfer per DLC (z.b. Korosensei) hinzufügt und auch die weibliche Fraktion um Sakura & Co. bedient, ist das Spiel – trotz der Mängel – für alle Fans geeignet.


Vielen herzliche Dank an Bandai Namco für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares von Jump Force für die PS4 & Xbox One:)


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