Das neuste Netflix Original »Jemand ist in deinem Haus« ist eine Filmumsetzung des 2017er Romans aus der Schreibfeder von Stephanie Perkins und folgt einer Gruppe Jugendlicher im Kampf gegen einen Massenmörder.
Die Jugendliche Makani, die erst kürzlich zu ihrer Großmutter ins ländliche Nebraska gezogen ist, will an der Osborne Highschool eigentlich nur einen Neuanfang wagen, um die schrecklichen Ereignisse ihrer jüngsten Vergangenheit zu vergessen. Doch schon bald zeigt sich der Vorort als Schauplatz einiger brutaler Verbrechen.

Ein Serienkiller hat es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht die Jugendlichen der Kleinstadt langsam zu dezimieren. Für Makani bleibt also nur die Flucht nach vorne und der Wille mit ihrer eigenen Vergangenheit abzuschließen.
Es ist offensichtlich, dass sich die Autoren bei der Filmumsetzung viel Inspiration aus »Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast« und »Scream« gezogen haben. Schon die ersten Szenen in der Highschool hätten genauso gut auch eine klassische Fortsetzung dieser zwei Filmreihen sein können.
Kaum ist der erste Mord geschehen, zeigt der Film aber auch die eigentlich doch schonungslos eindimensionalen Persönlichkeiten der Geschichte. Die Sportler sind die Arschlöcher. Der Außenseiter schnell als Killer abgestempelt. Die Hauptclique besteht dagegen aus einer Vielfalt an Jugendlichen aus verschiedenen Gesellschaftsklassen, sowie ethnischen und sexuellen Diversitäten, die sich gegen die rassistischen und homophoben Mitschüler erheben.
Jedoch versucht man die Freunde von Makani auf einen so engstirnigen Weg als die “Gute Seite” darzustellen, dass die Verhaltensweise einiger Mitglieder der Gruppe das totale Gegenteil erzeugen und für wenig Sympathie sorgen.
Was in Serien wie »13 Reasons Why« noch funktioniert, weil die Figuren aus ihren eigenen Konflikten heraus auch mal selbstlos den Außenseitern den Rücken stärken, erscheint in diesem Film viel zu doppelmoralisch inszeniert.

Die Gruppe um Makani versteht sich zwar als unglaublich weltoffenen, besteht aber eigentlich selbst auch nur aus elitären und unsympathischen Jugendlichen, die sich nicht unbedingt besser verhalten, als das gesamte Football Team. Oder wieso wird jemand wie Olli so dermaßen angefeindet, der offensichtlich selbst als Außenseiter eine helfende Hand gebrauchen könnte? Das ist ein schreckliches Bild der jugendlichen Gesellschaft. Warum sollte man mit diesen Personen, insbesondere Alexandra mitfiebern, die selbst keine Scheu haben ihre Mitmenschen zu mobben und sofort abzustempeln. Da ist auch Makani keine Ausnahme. Es ist darum wirklich langsam unangenehm wie einseitig die Darstellung bestimmter Figuren im Horror-Genre geworden ist.
Während man in »Scream«, trotz der stereotypischen Inszenierung, zumindest mit Sidney, Dewey, Gale oder auch Tatum mitfühlen konnte und sich in »I Know what you did last Summer« auch besonders Helen Shivers (gespielt von Sarah Michelle Gellar) für mich als Sympathieträgerin hervortat, ist das Sammelsurium an Figuren in»Jemand ist in deinem Haus« ein einziges Graus. Nicht eine Person ist wirklich sympathisch geschrieben.

Selbst die HauptfigurMakani, der als Final Girl eigentlich die Aufgabe zu Teil wird das Publikum zu binden, verhält sich zum Teil wie eine hochnäsige Nervensäge.
Darum weiß ich auch nicht was schlimmer ist: – Sie, die sich für ihren Außenseiter- Freund schämt, oder ihr Freund, dem das offenbar völlig egal ist, solange er am Straßenrand ne’ Nummer schieben kann.

Das ist wirklich schade, da Sydney Park (Makani) als Schauspielerin durchaus talentiert erscheint und ihre Figur gut zu verkörpern weiß. Sie schafft es die geheimnisvolle Jugendliche mit all ihren Eigenheiten umzusetzen und schauspielerisch zu überzeugen. In einem Film, der mit so schwacher Prämisse seine Sozialkritik versucht zu erzählen, ist es nicht leicht eine Person authentisch darzustellen. Szenen, in denen Makani langsam auftaut und sich emotional angreifbar macht, werden aber viel zu schnell abgehandelt, weil lieber wieder ein angedeuteter Twist kommt. Dabei wären es gerade diese Situationen gewesen, die den Zuschauer emotional mehr mit ins Boot geholt hätten.
Ihre Figur ist also durchaus komplexer als die meisten Slasher- Charaktere, das macht es aber auch wiederum schwierig sie wirklich zu mögen. In so einfach gestrickten Horrorfilmen ist es darum vielleicht sinnvoller auf Stereo- Sympathie, denn auf komplexe Nervensägen zu setzen.
Das größte Problem des Films ist aber die geschichtliche Aufarbeitung der Ereignisse. Während es die Slasher- Vorbilder in den 90s beherrschten ein undurchsichtiges Verwirrspiel zu erschaffen, bei dem die Enthüllung des Killers tatsächlich überraschte, gibt es in »Jemand ist in deinem Haus« nahezu keinen Twist.

Schon früh wird Makani’s Freund Oliver als Täter ausgemacht. Die Hinweise auf ihn sind sogar so dermaßen überzogen, dass jedem Zuschauer schnell bewusst werden dürfte, dass er gar nicht der Killer sein kann und man nur auf eine falsche Fährte geführt werden soll. Sowas kann durchaus gelingen, ist hier aber dermaßen plump erzählt, dass die letztendliche Demaskierung des eigentlichen Täters schon fast wieder billig wirkt und man sich wünscht, es wäre doch Olli gewesen.
Ohnehin funktioniert das Katz- und Maus Spiel in diesem Film nicht so gut wie in Klassikern wie »Scream«. Denn eigentlich ist Makani nie wirklich in großer Gefahr. Der einzige Kontakt mit dem Mörder ist viel zu spät in die Geschichte eingeflochten, als das man wirklich mit ihr mitfiebern könnte. Auch die Schlussszene wirkte dagegen schon fast wie eine Parodie des Slasher- Genres. Doch dafür ist der Film eben viel zu ernst erzählt, um damit durchzukommen.
Die Motivation des Killers ist nicht wirklich schlüssig und leiht sich den verrückt- überspielten Täter leider auch zu stark von Billy & Stu aus »Scream«. Ohne Matthew Lillard und Skeet Ulrich schauspielerische Klasse wirkt das in diesem Film aber einfach überzogen dämlich. Coming of Age & Teenie-Slasher sind eine schwierige Kombination.

Der Slasher zeigt sich also zumeist als ziemlich uninspiriert und bringt wenig frischen Wind ins Genre. Was dem Film aber gelingt, ist die Darstellung des schaurigen Killers. Dieser trägt nämlich als Markenzeichen die Maske eines 3D-Drucks der Gesichter seiner späteren Opfer. Das hat schon eine gewisse bedrohliche Stimmung. Die Beklemmnis, die von diesen Bildern ausgeht, ist tatsächlich eine der größten Stärken des Horrorfilms. In diesen Szenen erinnert der Film an die großen Vorbilder und fängt den Geist von Ghostface & Co. gut ein. Dafür ergibt sich aber eine berechtige Frage: Wieso sucht die Polizei nicht einfach nach jemanden mit einem 3D-Drucker?
FAZIT:
Klassischer Slasher, der sein geschichtliches Potenzial nicht ausschöpft!
»Jemand ist in deinem Haus« ist per se kein schlechter Horrorfilm. Die Geschichte ist eigentlich durchaus vielversprechend und zeigt interessante Ansätze, die vor allem mit dem Thema Mobbing, Doppelmoral, Sozialkritik und Vergangenheitsbewältigung zu tun haben. Aber man schöpft das Potenzial eben leider zu keiner Zeit aus. Als Zuschauer/in hat man auch einfach keine klassische Heldin, mit der man mitfiebert. Ohne eine Sidney Prescott, eine Ellen Ripley, eine Julie James oder einer Laurie Strode wären die Horror-Klassiker nur ein einfach gestricktes Abschlachten. Doch gerade diese Figuren machen einen wertvollen Teil eines Slashers aus. Denn solange man nicht mit einer Figur mitleiden kann, verliert sich auch die panische Bedrohung eines solchen Films. Das ist hier der Fall.