Welcome to Camp Nightmare! Unter diesem Namen veröffentlichte R.L. Stine im Jahre 1993 seinen Jugendroman Gänsehaut Band 09 in den Bücherläden. Fast zwanzig Jahre später könnte man diesen Satz auch als Zusatztitel für Fear Street Teil 2: 1978 nutzen. Denn nachdem die Geschichte im Auftakt noch Scream & Nightmare, sowie andere beliebte Horrorklassiker (z.B. Carrie, Poltergeist, Twin Peaks) zelebrierte, folgt im Nachfolger nun ein origineller Tribut an die alten Sommercamp und Lagerfeuer Geschichten.

Zum Ende von Fear Street Teil 1: 1994 sah alles danach aus, als hätten Deena, Sam und Josh der Hexe endlich das Handwerk gelegt. Doch die drei Jugendlichen werden schnell eines besseren belehrt, nachdem wieder eine übernatürliche Macht Besitz von Samantha ergreift. Dem Geschwisterpaar Deena und Josh bleibt also nichts anderes übrig, als sich auf die Suche nach C. Berman zu begeben, der einzigen Überlebenden der einstigen Camp Nightwing Morde, die den Fluch offenbar abwenden konnte.

Damit beginnt ein wilder Ritt durch die Zeit, in der die Ereignisse im Jahre 1978 als verschrobener Rückblick noch einmal aufgearbeitet werden. Statt Deena, Sam und Josh heißen die Helden der Geschichte dieses Mal Ziggy, Cindy und Nick.

Im Ferienlager angekommen, scheint anfangs alles seinen gewöhnlichen Gang zu gehen, bis sich wieder einmal der Shadyside Fluch zeigt. Der Prolog des Rückblicks erinnert dabei wirklich frappierend an die Eröffnungssequenzen von klassischen Ferienlager-Storys wie Freitag der 13, The Burning oder Sleepaway Camp. Teilweise fühlt man sich damit auch in die alten 90s versetzt, als die skurrile Gänsehaut Episode »Nachts im Camp Nightmare« noch mit charmantem Gruseltönen bestach.

Wir lernen als Zuschauer also schrittweise die Jugendlichen und ihre Aufseher kennen, bemerken schon früh wie bescheuert einige Mitcamper sind und erlangen vereinzelt Hintergrundinfos zum Ferienlager. Hierbei setzt man erstaunlich hartnäckig auf klischeehafte Stereotypen des Horrorkinos.

Die labile Krankenschwester, der Outcast, die Rebellin, die manipulative Zicke und das Mauerblümchen. Was die Figuren allerdings später besonders macht, ist, dass die meisten tatsächlich Gründe für ihr Benehmen haben. Besonders Cindy zeigt sich hier als deutlich facettenreicher, als es anfangs den Anschein macht. Während man als die alten Tage symbolisch durch Stereotypen trägt, sind die Charakterprofile tatsächlich frisch geschrieben.

Im Rahmen der Zwischengeschichte nehmen dann auch wieder popkulturelle Referenzen einen Großteil der Zeit ein. So ehrt man kurzzeitig auch wieder Stephen King, der zuvor schon einmal mit einer kleinen Loser Club Anspielung eingebunden wurde. Bleiben wir aber mal beim eigentlichen Vorbild des Horrorfilms; Freitag der 13!

Denn der Nightwing Killer zeigt sich nicht nur in seiner rohe Gewaltbereitschaft und dem ruhigen, erbarmungslosen Auftreten als Jason Vorhees’ Verschnitt, sondern erhält im Laufe der Story auch auf sehr geistreiche Weise ein ähnliches Outfit, das unverkennbar an dessen frühere Auftritte erinnert. Damit jonglieren die Autoren dann ordentlich durch verschiedene Horrorszenen und erzeugen einen morbiden Teenie- Slasher, der besonders auch durch seinen übergeordneten Hexen Mythos besticht.

Was den Mittelteil auch mehr auszeichnet, als Teil eins, ist, dass die Gruppendynamik überzeugender wirkt.

Hatte man sich im Auftakt noch ziemlich stark in die Deena & Sam Liebesgeschichte verstrickt, bei der die übrigen Schüler eigentlich nur sinnlose Opfer waren, sind jetzt Freunde und Mitstreiter aus verschiedenen Lagern für den Kampf bereit und stehen für einander ein. Das erzeugt ein gänzlich anderes Gemeinschaftsgefühl, zumal die Überlebenden den Fluch nicht nur für das Happy End eines Liebespaars brechen wollen, sondern es für die gesamte Bewohnerschaft des Ortes tun.

Dabei spielen dann auch die kleinen Nebengeschichten wie die Romanze von Nick & Ziggy, alte Freundschaften und natürlich das Geschwisterverhältnis zwischen Nancy und Ziggy selbst eine nicht unerhebliche Rolle. Dadurch lässt es sich weitaus besser mit den Charakteren mitfiebern.

Überrascht war ich ohnehin von der Darstellung einiger Figuren. Emily Rudd als Nancy überzeugt z.B. auf ganzer Linie und hätte sicherlich auch als Zugpferd funktioniert.

Diese Rolle nimmt stattdessen Sadie Sink als Ziggy ein, die wieder mal zeigt, dass sie den rebellischen Outcast ziemlich gut verkörpern kann. Schon in Stranger Things war ihr die Figur der Max wie auf dem Leib geschrieben.

Ich will damit jetzt gar nicht behaupten, dass Sadie die beste Schauspielerin ist, denn aktuell scheint sie doch stark auf diesen Rollentyp zugeschnitten zu sein. Um ihr Talent wirklich beurteilen zu können, müsste sie tatsächlich mal einen gänzlich anderen Charaktertyp spielen.

Schließlich sind sich Max und Ziggy doch ziemlich ähnlich. Aber der Punkt, den ich eigentlich ansprechen wollte, ist, dass Sadie diese Art von Figur (cool, frech, rebellisch) ziemlich überzeugend einnimmt. Die toughe Lautsprecherin steht der jungen Frau als Figur sehr gut, vielleicht auch schon wegen der feurig roten Haare, die schon allein diese Attitude unterstreichen.

Ich war jedoch ehrlicherweise darum auch leicht schockiert darüber, wie brutal und überzogen der letzte Mord an den Geschwistern inszeniert wurde. Zwar gab es zuvor schon ziemlich morbide Szenen, aber das hat der Brutalität noch einmal die Krone aufgesetzt. Es war tatsächlich ein wenig unangenehm, da es eine gefühlte Ewigkeit andauerte. Wahrscheinlich wollten die Autoren damit noch einmal kurzzeitig in die Irre leiten und vertuschen welche der beiden Schwestern nun die spätere Überlebende sein soll.

Tatsächlich hat das auch genau diesen Zweck erfüllt, da man als Zuschauer doch leicht irritiert war. In Anbetracht dessen ziemlich clever gemacht, aber für den Moment doch wirklich unnötig in seiner banalen Brutalität.

Da man bewusst den alten Stil der Freitag der 13. Filme einsaugen wollte, hat man auch die visuelle Filmwirkung versucht nachzuempfinden.

Das ist dem Filmteam sehr gut gelungen. Dieser alte, grainy Look mit seinen bräunlich-grün saturierten Bildern wurde gekonnt in die Moderne gehoben. Auch die Kameraführung und Morde glichen sich in manchen Szenen so sehr, dass man meine könnte man würde gerade einen neuen Freitag der 13. Teil vor sich haben.

Der Nachfolger bleibt damit im wesentlich ein geradlinig inszenierter Teenie-Slasher, der die Essenz der Sommercamp Storys nahezu perfekt in ein originelles Korsett drückt. Denn auch die Dosierung wann und mit welchen Mittel eine Horrorfilm Referenz eingebunden wird, wirkt im zweiten Teil besser gelöst. Interessant in dem Zusammenhang ist auch die immense Liebe zum Detail.

Die Filmschaffenden haben nicht einfach nur wahllos eine ähnliche Kulisse aufgebaut, sondern das Original Sommercamp bezogen, das schon im Original Freitag der 13 als Drehort genutzt wurde. Das ist schon ein starkes Zeichen für eine Hommage. Dazu passt auch wie penibel man auf bestimmt Dinge geachtet hat.

So startet Teil 2 im Jahre 1994, wo gerade im Hintergrund »The Man who sold the World« als Cover von »Nirvana« eingespielt wird. Fast Forward zum Filmende hören wir denselben Song noch einmal in der David Bowie Originalversion. Solche Musikentscheidungen sorgen dafür, dass der Film auch wirklich viel mit Nostalgie zu tun hat. Man schafft es damit spielend leicht die 70s, early 80s und mid 90s umzusetzen. Besonders auch deshalb, weil die Origins Story vom Nightwing Killer sehr geschickt alte Ideen nutzt. Überhaupt gefällt mir die stilistische Art, mit der Regisseurin Leigh Janiak hiermit all die alten Horrorklassiker würdigt. Vielleicht sollte man die Frau mal an einen waschechten Nachfolger der Freitag der 13., Nightmare oder Scream Reihe setzen. Schließlich kennt sie sich ja auch schon ein wenig mit Scream aus, seit sie für die TV Show drei Episoden leiten durfte.

FAZIT:
Bessere Charaktere, coolere Referenzen. Ein Ferienlager mit Klasse!

In Puncto Storytelling, Charakterentwicklung und Acting überflügelt man den Erstling um Längen. Nur das Pacing hätte teilweise etwas fließender sein können. Zu Beginn zieht sich die geschichtliche Fortsetzung doch etwas stark. Die Geschwistergeschichte zwischen Ziggy & Cindy fand ich allerdings berührender, wie die von Sam & Deena. Aber lassen wir uns mal überraschen welche geschichtliche Wendung die Trilogie noch bringen wird.

Mit Part 2: 1978 liefert man einen gelungen Tribut auf alte Sommercamp- Legenden, wildert auch ein wenig bei Romero, aber referiert seltener die berühmten Originale, womit man auf einer sehr guten Metaebene bleibt.