Ein feuriges Feen-Adventure!

Mit Fate: The Winx Saga hat Netflix wieder eine neue Young-Adult / Coming of Age Fantasy ins Programm genommen, die sich bewusst düsterer gibt, als man bei der Vorlage erwarten dürfte. Denn eigentlich basiert die Serie auf der Kinderserie Winx Club, die hierzulande auf Nickelodeon gesendet wurde. Doch mit der kindlichen Vorlage hat die Live-Action Umsetzung offensichtlich wenig zu tun.

In der am 22. Januar auf Netflix gestarteten Realserie setzt man den Fokus darum stärker auf eine erwachsenere Fantasy- Story, die deutlich im Kontrast zur Zeichentrickserie steht. Der große Sprung vom Kinderprogramm ins Young-Adult Szenario sorgt dabei aber für einen interessanten Ansatz, der hier konsequent und nachhaltig verfolgt wird. Statt einer magischen Welt für Grundschülerin, erschafft man eine klassische Highschool-Story, die sich wohl bewusst an verschiedenen Genre- Lieblingen orientiert. Man spürt Einflüsse aus Riverdale, Legacies und natürlich auch Harry Potter in nahezu jeder Filmszene.

Die Serie erzählt die Geschichte des Mädchens Bloom, die eines Tages feststellen muss, magische Fähigkeiten zu besitzen und aus einer gänzlich anderen Welt zu stammen. Aufgewachsen in der Menschenwelt, ist sie eigentlich eine Feuer-Fee, die fortan lernen muss ihre Kräfte zu kontrollieren. Aus diesem Grund wird sie von der Schuldirektorin Mrs.Dowling an der Feen- Akademie Alfea aufgenommen, wo den jungen Schülerin der Umgang mit Magie und den Schülern der Kampf mit Waffen gelehrt wird. In dieser magischen Umgebung freundet sie sich schließlich mit ihren Mitbewohnerin Aisha, Terra, Stella und Musa an, die ebenfalls magische Kräfte besitzen und je einem Element untergeordnet sind.

In der romanisch-keltischen Sage gelten Feen gemeinhin als Elementargeister und herrschen in ihren Wäldern über die vier Elemente Wasser, Erde, Luft und Feuer. Es ergibt also Sinn, dass die fünf Heldinnen unserer Geschichte ebenso auf diese Elementarfähigkeiten zugreifen können und herzensgute Wesen sind. Interessant wird es darum erst im Bezug zur eigentlichen Geschichte, die grundsätzlich vom alten Kampf gegen die sogenannten “Verbrannten” handelt. Dem übergeordnet wird die Suche nach Bloom’s wahrer Herkunft und der geheimnisvollen Verbindung zu diesen Wesen. All das wirkt Storytechnisch soweit gut strukturiert. Während man so langsam die Figuren kennenlernt, erfährt man neue Details über die exotische Welt und die Vergangenheit einzelner Bewohner.

Mit kurzen Rückblenden werden Ereignisse aufgearbeitet und geschichtliche Zusammenhänge erläutert. Wie in Teenager- Geschichten üblich spielen in Fate: The Winx Saga aber natürlich nicht nur die düster angehauchte Hauptgeschichte eine Rolle, sondern auch zwischenmenschliche (oder -feenliche?) Konflikte, Liebschaften und Rivalitäten sind ein gern gesehener Gast an der Feen-Akademie. Komisch bei diesem Standart-Mix ist, dass die Brutalität manchmal extrem anzieht, obwohl zuvor noch eine locker-leichte Schulthematik am Start war. Aber das ist vielleicht auch dem eiligen Erzähltempo geschuldet. Schließlich muss das gesamte World-Buildung, die Beziehung der Figuren, die Backgrounds und das Schulische innerhalb von wenigen Episoden aufgezogen werden.

Legacies oder doch Harry Potter?

Was Fate: The Winx Saga dabei auch nicht verbergen kann, sind der deutliche Bezug zu seinen Genre- Kollegen. Die Ausbildung Bloom’s erinnert somit oft an Harry’s erste Gehversuche in Hogwarts, das Kampftraining und die strikte Trennung verschiedener Lehrwege dagegen an Legacies und die Welt könnte man auch mal gut mit The Shannara Chronicles verwechseln. Man entlehnt sich von Harry Potter sogar die Zweiteilung einer Welt.

Während die Menschen und somit auch Bloom’s Familie keinerlei Wissen über die Feen besitzt, sind deren magische Bewohner über die übrigen Existenzen voll im Bilde. Schon komisch, wenn die Eltern nicht merken, dass die feurige Rothaarige Tochter ziemlich… naja, feurig ist. Aber gut, nimmt man so hin. In anderer Weise erinnert die Schule dagegen schon fast mehr an Legacies. Lustiger Fun-Fact in der Hinsicht: In der deutschsprachigen Fassung wird Silva, der hier als Lehrmeister seinen Schülern das Kämpfen beibringt von Alexander Doering gesprochen, der – wer hätte es gedacht! – in Legacies die Rolle von Professor Saltzman spricht und dort ebenso seine Schüler trainiert. Sowas fällt aber wohl nur auf, wenn man ständig solchen Fantasy Murks schaut.

Das meine ich übrigens im positiven Sinne. Das Vampire Diaries-, Originals-, Legacies- Franchise gehört zu meinem Lieblings- Serienkosmus! Damit kann The Winx Saga leider auch in keiner Weise mithalten. Dafür fehlt es der Serie an einer eigenen Identität. Hat man im Vampire Diaries Universum zahlreiche mystische Begriffe, Fabelwesen und Artefakte, die auch Querverbindungen für ein gelungenes World-Buildung aufstellen, klingt alles in Fate: The Winx Saga ziemlich uninspiriert. Es mangelt an Kreativität, was Geschichte, Figuren und Weltenbau betrifft. Was noch dazu kommt, ist, dass die Welt für mich nicht plausibel erklärt ist.

In Harry Potter sind die zwei Universen (Menschen & Zauberwelt) strikt getrennt. Die Technik der Menschen ist den Zauberern zumeist völlig fremd. In Legacies leben die magischen Wesen dagegen unter den “normalen” Menschen und fristen darum ein ähnliches Dasein. Sie kennen sich mit Popkultur aus und wissen über technische Fortschritte. Einfach, weil sie sich die Welt mit ihnen teilen. In Fate: The Winx Saga ist es dagegen komplett undurchsichtig inwieweit diese Universen verbunden sind. Da ist die Rede von einer Anders-Welt, in der Feen, Bluthexen und Verbrannte umhergeistern und die von der Menschenwelt getrennt ist, doch gleichzeitig hat nahezu jeder dort ein Smartphone oder arbeitet an seinem Laptop. Ebenso frage ich mich wie es Bloom möglich ist jederzeit über’s Smartphone Kontakt zu ihrer Mutter aufzunehmen.

Gibt’s tatsächlich eine Netzverbindung in die magische Welt, ohne Kenntnis der Menschen? All das ist so irreführend und wenig erklärt. Trotzdem halte ich die neue Fantasy- Serie für einen interessanten Serien-Mix, der auf seine Art alle beliebten Young-Adult Szenarien gut vermischen kann. Die fünf weiblichen Hauptcharaktere weisen genug Unterschiede auf, um Identifikationspotenzial zu bieten. Das ist sicherlich auch der größte Pluspunkt der Serie. Man schafft es in nur sechs Episoden eine durchaus interessante (wenn auch vorhersehbare) Geschichte mit netten (wenn auch typischen) Figuren aufzubauen, die bei Laune halten kann.

Das ist also eine Mental-Fee!

Wenn Feen auf Elementar-Kräfte zugreifen können, sollten auch ihre Charaktereigenschaften passen. Dieses Detail auszuarbeiten gelingt dem Autoren-Team zumeist auch ziemlich gut. Die rothaarige Heldin Bloom ist beispielsweise sehr ungestüm und handelt oft viel zu impulsiv. Passend also für eine Feuer-Fee, die ihr energisches Temperament nicht unter Kontrolle hat. Da sie fast nie einen kühlen Kopf behält, bleibt ihr Handeln auch nie ohne Konsequenzen.

Stella dagegen ist die klassische Fernseh-Blondine, wie sie in nahezu jeder Serienkonstellation erscheint. Die emotionale junge Frau zeigt sich darum leider als die typische Stereo-Version von “Ich bin zwar die Zicke, aber doch ganz nett. Meine Mutter hat Schuld!”. Das hatten wir in Serien schon zur Genüge.

Terra ist dagegen die naive, freundschaftliche Person, die jedem mit einem Lächeln begegnet. Das gutherzige Fräulein ist aber leider auch das typische Abziehbild des naiven Mädchens von Nebenan, die zeitweise auch ziemlich mit ihren Komplexen nervt.

Und dann hätten wir da noch Aisha, die als Wasser-Fee das Äquivalent zu Bloom darstellt und darum geschichtlich auch perfekt als ihre Erstbekanntschaft passt. Sie ist der ruhige Pol und sorgt für Disziplin. Aber gerade das macht sie für mich auch wieder so austauschbar uninteressant. Sie tritt eigentlich immer als klassischer Gutmensch auf, dem auch Regeln zumeist wichtiger sind wie zu ihren Freunden zu stehen.

Bisher würde ich darum sagen, ist die Mental-Fee Musa mein Favorit. Die empathische Person nimmt die Emotionen ihrer Mitmenschen stärker wahr und versucht zumeist dieser ausgeprägten Gefühlswelt mit ihren Kopfhörern zu entkommen. Schließlich prasselt ständig irgendein Gefühlschaos auf sie ein. Dieses introvertierte Verhalten und ihre abweisende Art lassen sie meines Erachtens interessanter erscheinen, als die übrigen Figuren.

Denn die Gründe ihres Verhaltens sind so natürlich und nachvollziehbar, wie sie nur sein könne. Ihr persönliches “Geheimnis” zeigt sich aber erst sehr spät in der letzten Episode, was die Figur in ihrem darauffolgenden Handeln noch sympathischer macht. Darum in einer potenziellen 2.Season bitte mehr Raum für diese Figur! Die Männer bleiben derweil ziemlich blass in diesem Frauenumfeld. Das liegt vielleicht gar nicht so sehr am Schauspiel, sondern an den austauschbaren Charakterprofilen. Teilweise fällt die Serie auch durch so manche schwache Dialogszene auf. Das seichte Teenie- Drama kann darum nicht die Klasse vieler seiner Vorbilder erreichen.

Denn was die Inszenierung betrifft, so zeigt sich die Produktion meist nur von einer soliden Seite. Die Actionszenen sind wenig aufwendig, die Gestaltung der Bösewichte unspektakulär und die Effekte ziemlich simpel. Einige Zauber-Effekte ließen sich wohl auch leicht privat in After Effects nachbilden. Dazu kommt noch, dass die schauspielerische Leistung des Casts, speziell Abigail Cowen als Bloom, nicht gänzlich überzeugt. Dafür ist die deutsche Sprachfassung sehr gelungen. Die Sprecherin wurden sehr gut ausgewählt und lassen im Gegensatz zum Original etwas mehr Feingefühl in so manchen Situationen erkennen. Also ruhig den Dub anschalten. Das mag nun alles furchtbar kritisch klingen. Trotzdem würde ich behaupten, dass die kurze Mystery Serie durchaus Spaß machen kann. Auch leichtherzige Fantasy kann ein netter Zeitvertreib sein. 

FAZIT:
Uninspirierte, aber unterhaltsame Fantasy!

Fate: The Winx Saga ist sicherlich kein Genre-Primus. Halten wir das schon mal fest. Denn fast jede Figur, Welt-Konstellation usw. hat man in abgewandelter Form schon einmal erlebt. Die Feen-Akademie ist ein Abziehbild von Hogwarts und der Salvatore School of Magic, die Geschichte erinnert an einen Mix aus Harry Potter und The Shannara Chronicles und die Figuren könnten genauso gut aus Riverdale oder Chilling Adventures entspringen. Trotzdem würde ich die Fantasy jedem empfehlen, dem eine der schon genannten Serie gefällt. Die Teenie-Mystery ist kurzweilig und nett erzählt. Auch wenn es sicherlich kein Millionen-Projekt wird, dürfte sich ein Publikum finden. Sechs Episoden sind schnell durchgeschaut und ehrlicherweise habe ich dessen Erzählung auch in seiner Art genossen. Es muss bei mir nicht immer ein The Witcher, Mandalorian oder Game of Thrones sein. Eine wenig komplexe, leicht verständliche und sympathische Fantasy wie Fate reicht mir zwischenzeitlich auch. Also gebt dem Feen- Projekt ruhig mal eine Chance!