Die Animations- Branche ist breitgefächert! Aus den japanischen Studios dringen Sci-Fi, Horror und Fantasy hervor, die allseits ihr Publikum finden. Viele Produktionen widmen sich gar erwachsenen Themen und zeigen wie man eine emotional ergreifende Geschichte erzählt. Die meisten Zuschauer bevorzugen trotz der Vielfalt oft Schulszenen. Auch wenn das nicht gleichbedeutend damit sein soll, dass diese keine Tiefe entfalten, ist es doch schon immer offensichtlich gewesen, dass Jugendromane mehr Anklang finden. Das beste Beispiel ist auch der derzeitige Isekai Trend, bei dem es auch meistens Jugendliche sind, die sich einem Abenteuer stellen. Noch beliebter waren aber schon immer die klassischen Mittelschule- Szenarien, wie sie zu häuft auch Kyoto Animation verwendete. Doch warum ist dem so? Das wollen wir mal klären.
Im Zusammenhang mit Jugendgeschichten wird auch gerne der Begriff “Coming of Age” verwendet, was soviel wie “Erwachsenwerden” bedeutet. Sich also dem selbstständigen Denken zuwenden und erste Gehversuche in der “Erwachsenen-Welt” machen. Das gelingt nicht jedem. Ist aber ein wichtiger Schritt, der in Serien gerne behandelt wird. Dazu gehört auch oft der Schulwechsel, das Ende bestimmter Freundschaften oder Zukunftsängste. Dieser Lebensabschnitt, den Coming of Age Geschichten nutzen, ist schließlich geprägt von allerlei ersten Erlebnissen und der Findung seiner eigenen Identität. Welche Person möchte ich sein? Und wie gelange ich an mein Ziel? Welche Mitmenschen prägen das Umfeld?
Ernsthafte Teenager Themen verbinden sich oft mit leichtherzigen Geschichten, die für den Großteil der Zuschauer geeignet sein dürften. Dazu erforschen Serien auch die Gefühlsebenen der Figuren. So zeugen besonders Produktionen von Kyoto Animation davon, dass die Autoren wissen wie man solche Szenen schreibt. Wenn Shoya in A Silent Voice für seine Taten als Kind die Verantwortung übernehmen möchte oder Rikka in Love, Chunibyo nicht aus ihrer Traumwelt und der “Achtklässler-Syndrom-” Phase heraustreten möchte, ist dies ein Zeichen für eine klassische Coming of Age Story. Zwar nutzt Kyoto Animation gerne mal den Faktor “Humor”, wodurch so manche Situation urkomisch wirkt, doch ist stets ein emotionaler Unterton zu vernehmen. Und das ist logisch. Schließlich ist die Jugend nicht nur von Traurigkeit oder Lustigkeit geprägt, sondern gleicht einer emotionalen Achterbahnfahrt.
In Free! schwingt derweil stets die belastende Seite des Erwachsenenwerdens mit. Alte Freundschaften, die seit frühster Kindheit bestehen, gehen verloren oder sie verlieren das Ziel aus den Augen. Nichts ist schwieriger, als seinen eigenen Weg zu gehen und herauszufinden wer man als Erwachsener sein möchte. In dieser Hinsicht dürfte man auch die dystopischen Szenarien nicht vergessen, die gerne Einzug in Jugenddramen finden. Allen voran in Anime-Storys. Das diesjährige 7Seeds kann hier gut als Beispiel angeführt werden. Auch wenn Netflix hier keine Glanzmarke abgeliefert hat, ist der Kern doch erkennbar. Googlet doch mal nach dem Begriff Jugend-Dystopie. Ihr werdet Haufenweise Material in Romanform finden.
Dieses Genre, das im Kino-Sektor stark durch Tribute von Panem geprägt wurde, ist mittlerweile weit verbreitet. Seien es Maze Runner, The Circle oder Die 5.Welle. Auch Netflix nimmt sich dem inzwischen sehr oft an, was auch an der TV-Serie The Society zu sehen ist. Ebenso zählt auch The 100 vom Sender CBS zu den dystopischen Jugend-Settings. Doch nicht nur dort dürft ihr jüngeren Menschen bei ihrem Eintritt ins Leben verfolgen. Auch Videospiele wissen nicht erst seit dem Abenteuer von Clementine in The Walking Dead wie man in einer düsteren Welt aufwächst. Kurz gesagt – Coming of Age hat viele Gesichter, doch im Kern bleibt es eine Jugendserie, die sich mit dem Erwachsenwerden beschäftigt. Hier spielen Gefühle auch oftmals eine noch bedeutsamere Rolle, als in den meisten anderen Filmen mit Erwachsenen Helden.
Die Sehnsucht und Neugier, die die Jugendzeit prägen, wurden besonders durch Makoto Shinkai’s Erfolgs-Anime Your Name sehr gezielt eingefangen. Das Leitthema Sehnsucht wird hier mit enorm viel Gefühl aufbereitet, ohne jemals peinlich zu wirken. Wichtig für diese authentische Erzählung sind natürlich solche Schlüsselszenen, die wiederkehrende Ideen verwenden. Zum Beispiel dürfte auch der erste Kuss und/oder eben die erste Liebe in keinem Coming of Age Drama fehlen. Der Kinofilm Your Name gewinnt auch gerade deshalb an Sogwirkung, weil die emotionale Geschichte nicht nur glaubhaft erzählt wird, sondern auch schmerzlich die Emotionen vermittelt, die als Jugendlicher gefühlt werden, sobald man die erste Liebe findet oder sich verzweifelt in seinen Emotionen verliert. Und damit wären wir auch beim Knackpunkt angelangt, weshalb wir als Zuschauer – egal welchen Alters – auch mal ein Teenager-Drama / Coming of Age anschauen. Denn schließlich dürfte die Mehrheit die Erfahrung bereits gemacht haben oder sich Mitten in der Entwicklung befinden.
Serien wie 13 Reasons Why, Filme wie Tribute von Panem oder Anime wie A Silent Voice sprechen also ebenso Erwachsene an, die sich an ihre Schulzeit zurückerinnern oder nostalgisch in ihren Erinnerungen schwelgen, sowie auch Jugendliche, die sich gerade in der Situation befinden all diese Gefühle zu verarbeiten. Vielleicht ist deshalb auch das Videospiel Life is Strange ein so unerwarteter Indie-Hit geworden. Denn kaum ein Autoren-Team hat es je so authentisch geschafft Figuren zum Leben zu erwecken, wie Dontnod oder ihre Kollegen Deck Nine. Letztere haben mit Before the Storm bewiesen, dass nicht einmal übernatürliche Elemente benötigt werden, um Fans zu ziehen. Warum Autoren diese Themen behandeln, dürfte damit auch klar sein. Sie sprechen nicht nur eine große Zielgruppe an, sondern sind selbst grundsätzlich auch die eigene Zielgruppe. Denn eigentlich verarbeiten sie mit ihrer leichtherzigen Unterhaltung die eigenen Erfahrungen und zelebrieren im dem Sinne die lieb gewonnene Jugendzeit.